Migrantinnen doppelt benachteiligt: Deutsche und Männer bevorzugt
Frauen mit Migrationshintergrund haben auf dem Arbeitsmarkt wenig Chancen. Sie sind häufiger erwerbslos und verdienen weniger. Dabei sind viele von ihnen hoch flexibel und motiviert.
BERLIN taz Der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt endet für Frauen mit Migrationshintergrund oft in einer Sackgasse: Neben rechtlichen Hürden sind mangelnde Sprachkenntnisse und ein niedriges Bildungsniveau von Nachteil, und selbst bei Qualifizierten werden Berufserfahrung und Zeugnisse aus dem Ausland nur selten anerkannt. Ein Umzug nach Deutschland kann da mitunter ein sozialer Abstieg sein.
Frauen aus allen Migrationsgruppen würden zwar gern arbeiten, aber sie "werden oft in nicht existenzsichernde Beschäftigungsverhältnisse abgedrängt", so das Ergebnis der Studie "Migration, Geschlecht und Arbeit", die jüngst im Budrich-Verlag erschien. Frauen aus der Türkei, Afrika und dem arabischen Raum seien am Arbeitsmarkt "besonders schlecht gestellt", so die Autoren, ein Team aus Genderberatern, Politologen und Pädagogen.
So könne es passieren, dass etwa eine studierte Lehrerin aus Kasachstan mit deutschem Pass "vor dem Aus" stünde, weil ihre Ausbildung in Deutschland nicht anerkannt werde. Oft bliebe dann nur ein Job im Dienstleistungsbereich - wo die Bezahlung schlecht ist und Stereotypen über "Migrantinnenjobs" im Reinigungsbereich gepflegt werden.
Die Statistik zeigt: Die Erwerbstätigenquote ausländischer Frauen sank zwischen 1991 und 2004 von fast 46 auf 43 Prozent. Gleichzeitig stieg die Arbeitslosenquote von 12 auf 18,5 Prozent. Beide Entwicklungen sind stärker ausgeprägt als bei deutschen Frauen. In vielen Migrantinnengruppen können Frauen ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen.
Während als Gründe meist Bildungsnachteile und Sprachbarrieren genannt werden, zeigen Interviews der Studie mit Arbeitsmarktexperten, etwa aus Jobcentern, und die Erfahrungen von Migrantinnen selbst die Bedeutung von Vorurteilen und Diskriminierungstendenzen.
Die Klischees in der Arbeitswelt, die Arbeitgeber davon abhalten, Migrantinnen einzustellen, seien vielfältig: Muslima, die Kopftuch tragen, signalisieren angeblich mangelnden Integrationswillen. Afrikanerinnen haben Probleme, in der Altenpflege einen Job zu finden - weil die Betreiber von Pflegeheimen vermuten, dass ältere Menschen die Betreuung durch Personal mit schwarzer Hautfarbe ablehnen.
Dabei sollen gerade Migrantinnen besonders tolerant, flexibel und engagiert sein, heißt es in der Studie. Viele Arbeitsmarktexperten betonen in Interviews mit den Autoren, dass Migration und Umorientierung in eine neue Kultur eine enorme interkulturelle Kompetenz auslösen können. Es sei eine besondere Leistung, sich in Deutschland zu integrieren. In punkto Toleranz und Flexibilität seien viele Migranten und Migrantinnen daher den Deutschen "um Nasenlängen voraus" - ein Potenzial, dass "dringend benötigt" werde.
Weil viele Arbeitgeber das aber offenbar noch nicht erkannt haben, bleibt etlichen Migrantinnen der Zugang zum Arbeitsmarkt immer noch verwehrt. Als Ausweg bleibt meist nur die Selbstständigkeit. Wer die aufenthaltsrechtlichen Bedingungen erfüllt, kann ein eigenes Unternehmen gründen. Auch Katharina Oguntoye, Geschäftsführerin des Vereins "Joliba" in Berlin hat den Trend in den vergangenen Jahren festgestellt. "In Berlin gibt es viele afrikanische Frauen, die kleine Läden eröffnen", berichtet sie. Mit ihren Friseursalons speziell für afro-deutsche Frauen, oder durch den Verkauf von Telefonkarten und Kleidung verdienen so einige Frauen ihren Lebensunterhalt. Die Studie fordert daher neben speziell integrierenden Arbeitsmarktmaßnahmen auch eine bessere Existenzgründungsförderung für Migranten und Migrantinnen.
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