: Mieter wehren sich
■ Wohnungsgesellschaft nutzt Unsicherheiten aus
Berlin. Angst und Empörung bestimmten am Dienstag abend die Atmosphäre auf einer Versammlung der Mieter aus der Ostberliner Fehrbelliner Straße 50. Hintergrund der Erregung war eine Modernisierungsankündigung der Westberliner Firma „Data-Domizil“, in deren Ergebnis die Miete auf das 21fache steigen würde. Wer bisher für seine Drei-Zimmer- Wohnung 62,75 DM zahlen mußte, hätte künftig knapp 1.365 DM zu berappen. Betroffen wären davon allein im Vorderhaus elf Familien.
Die Mieter kündigten auf der Zusammenkunft, die auf Betreiben von Mietergemeinschaften zustande gekommen war, Maßnahmen gegen das geplante Vorgehen von „Data“ an. Laut Paragraph 541b des Bürgerlichen Gesetzbuches soll ein Bürger nach Abschluß von Modernisierungsarbeiten an seiner Wohnung nicht mehr als 25 bis 30 Prozent des Nettoeinkommens für Miete aufwenden. Alles, was darüber hinausgeht, müsse er nicht dulden, erläuterte Klaus-Dieter Kießling, Rechtsberater vom Berliner Mieterverein. Einer möglichen gerichtlichen Klage der Data zur Durchsetzung ihrer Maßnahmen könnten die Familien beim gegenwärtigen Stand ostdeutscher Einkommen und Renten deshalb gelassen entgegensehen. Sie sollten aber in jedem Fall so schnell wie möglich formell ihren Einspruch gegenüber der Westberliner Firma geltend machen.
Notwendig ist nach Aussage des Juristen, daß sich die Bewohner eines solchen Hauses einig sind und sich Rat bei Mieterorganisationen holen. Vor allem ältere und alleinstehende Bürger dürften mit diesen Problemen nicht allein gelassen werden. Data-Domizil setze besonders in Ost-Berlin auf die Unkenntnis der rechtlichen Lage unter der Bevölkerung.
Als eine der Betroffenen berichtete Angelika Rippl, daß Mitarbeiter der Firma zuvor im persönlichen Gespräch von ihr das Einverständnis für die Modernisierung eingeholt hatten. Dabei sei allerdings von 300 DM Miete die Rede gewesen. Wenige Tage später kam ein Schreiben ins Haus, das eine Steigerung auf das 21fache vorsieht. adn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen