Mietenpolitik: Wohnraumgesetz lässt Rot-Rot kippeln
Das von SPD und Linkspartei vereinbarte Wohnraumgesetz steht auf der Kippe. Teile der Linksfraktion wollen nicht zustimmen. Linke greift derweil Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer an
Bei der letzten Sitzung vor der Sommerpause droht der rot-roten Koalition eine Abstimmungsniederlage. Der vor einer Woche zwischen Linkspartei und SPD vereinbarte Entwurf zum Wohnraumgesetz steht auf der Kippe. Wie die taz aus Kreisen der Linksfraktion erfuhr, planen drei bis vier Abgeordnete, heute gegen das Gesetz zu stimmen. Rot-Rot hat derzeit nur eine Stimme Mehrheit im Abgeordnetenhaus.
Der Gesetzentwurf betrifft die 160.000 Sozialwohnungen in Berlin. Bei deren Bau wurde den Investoren garantiert, dass sie ihre Kosten insgesamt erstattet bekommen. Die Differenz zwischen den niedrigen Sozialmieten und Kosten übernahm das Land. So war es für Investoren attraktiv, teuer zu bauen, die hohen Ausgaben belasteten die Landeskasse. Deshalb hatte der Senat beschlossen, diese Anschlussförderung auslaufen zu lassen. Einige Hauseigentümer, die auf den Kosten sitzen bleiben, melden nun Insolvenz an. Werden die Wohnungen dann zwangsversteigert, ist der neue Besitzer derzeit nicht mehr an die günstigen Mieten gebunden.
Um extreme Steigerungen zu vermeiden, schreibt das neue Gesetz nun eine Kappungsgrenze bei einem Eigentümerwechsel vor. Bei Wohnungen, die aus der Anschlussförderung fallen, soll nun gelten: die Miete darf die ortsübliche Vergleichsmiete nicht übersteigen. Für den Fall, dass ein Eigentümer die Mieten in vier Jahren über 15 Prozent erhöhen will, sollen die Kündigungsschutzfristen in allen rund 160.000 Sozialwohnungen ausgedehnt werden. Die Bewohner würden eine Einspruchsfrist von drei Monaten und anschließend eine Kündigungsfrist von drei Monaten erhalten.
Das Verfahren ist dennoch umstritten, Wohnungen, die jahrelang durch das Land subventioniert wurden, wären dann genauso teuer wie nicht geförderte Wohnungen. Mieterorganisationen fordern deshalb, die Sozialmieten unter dem Mietspiegel zu halten. "Das Gesetz wirkt nicht durchdacht und bringt dem Mieter gar nichts", sagte Sebastian Jung vom Berliner Bündnis Sozialmieter. "Man kann nur hoffen, dass bei der Linken die Vernunft siegt", so Jung weiter.
Die Linksfraktion versucht derweil ihre Mitglieder davon zu überzeugen, dass es vernünftig wäre, dem Gesetz zuzustimmen. Bei Verhandlungen mit der SPD habe man Verbesserungen wie etwa die Härtefallregelung durchsetzen können, betonte Fraktionssprecherin Kathi Seefeld. Sie geht davon aus, dass sich auch die kritischen Abgeordneten der Mehrheitsentscheidung ihrer Fraktion anschließen. Man habe keine gegenteiligen Signale erhalten, doch: "Hundertprozentig wissen können wir es nicht."
Der wohnungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Arndt, hält die Zustimmung der Linkspartei dennoch für sicher. "Ein Nein wäre die Abschaffung der Linken in Berlin", sagte Arndt.
Der angespannte Wohnungsmarkt ist ein zentrales Thema im Wahlkampf - auch koalitionsintern. Am Mittwoch erhöhte die Linke den Druck auf die SPD. Uwe Döring, baupolitischer Sprecher der Linksfraktion, forderte Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) auf, noch vor der Wahl die Zweckentfremdung von Wohnraum für Ferienwohnungen und Anwaltskanzleien zu verbieten. Die Forderung stehe nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Wohnraumgesetz, sagte Seefeld der taz. Allerdings wolle man die Gelegenheit nutzen, um "Unmut über Dinge im Hause Junge-Reyer zu vermitteln". Das Zweckentfremdungsverbot war 2002 durch ein Gerichtsurteil gekippt worden, weil damals keine Anspannung auf dem Wohnungsmarkt nachzuweisen war.
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