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Mieten und KaufenWohnen im Szenekiez wird zur Luxusfrage

Die Preise in der Innenstadt ziehen an. Der Chef des Wohnungsunternehmens GSW gibt sich dennoch gelassen: "Wir haben keine Wohnungsnot in Berlin".

Wohnen in den Szenekiezen ist zum Luxus geworden: im Prinzip kein Leerstand mehr, Quadratmeterpreise von mehr als 10 Euro, Neubau nur im oberen Preissegment. "Es wird immer schwieriger, in Mitte zu wohnen", bilanzierte der Vorstand des Wohnungsunternehmens GSW, Thomas Zinnöcker, am Donnerstag den aktuellen WohnmarktReport aus seinem Haus. Für den Bericht ließ das Unternehmen gemeinsam mit dem Dienstleister CB Richard Ellis fast 275.000 Miet- und 147.000 Kaufangebote aus den Jahren 2009 und 2010 aus.

Im Durchschnitt stiegen die Mieten berlinweit um 4,5 Prozent auf 6,11 Euro pro Quadratmeter, was aber wenig aussagt, da sie sich stark ausdifferenzieren. Am Rand wird es billiger, im Zentrum teurer: Wer eine Wohnung in Mitte neu anmieten möchte, muss 13,7 Prozent mehr auf den Tisch legen, durchschnittlich 6,25 Euro pro Quadratmeter. Unter den Linden und am Hackeschen Markt sind es 11 Euro und mehr. Das ist mehr als doppelt so viel wie etwa in einzelnen Postleitzahl-Gebieten von Spandau und Hellersdorf, wo bisweilen 4,25 Euro pro Quadratmeter für eine neu anzumietende Wohnung verlangt werden.

Aus den Zahlen lässt sich gut ablesen, wohin sich die Szene entwickelt: Am Maybachufer im zunehmend beliebten "Kreuzkölln" etwa stiegen die Mieten um 16,2 Prozent seit 2009. Eigentümer bieten Wohnungen für bis zu 10,16 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter an. Mit 2,8 Prozent liegt die Leerstandsquote deutlich unter dem Landesdurchschnitt, den die GSW ermittelt hat (3,3 Prozent).

Von einer brisanten Situation wollte Zinnöcker gleichwohl nichts wissen. "Wir haben keine Wohnungsnot in Berlin", so der GSW-Chef. "Die, die sich mehr leisten können, zahlen auch mehr." Es sei nicht so, dass die sozial Schwächeren die höhere Last trügen. Vielmehr sei die Ausdifferenzierung des Marktes - also je nach Gebiet stark abweichende Miethöhen - ein "gesundes Signal". Die GSW mit ihren knapp 49.000 Berliner Wohnungen plant nach einem gescheiterten Versuch im vergangenen Jahr erneut den Börsengang; ein Portfolio in einem "attraktiven Markt" ist durchaus im Sinn des Unternehmens.

Die Kaufpreise zogen entsprechend den Mieten an. "Wenn ausländische Investoren nach Deutschland gehen, dann zu 80 Prozent nach Berlin", so Michael Schlatterer von CB Richard Ellis. Luxus sei besonders gefragt. Hinter dem Anstieg stehen nach Ansicht der Firmen der anhaltende Zuzug nach Berlin, der Reiz einzelner Kieze und der fehlende Neubau. Nach wie vor werde in Berlin nämlich kaum etwas neu errichtet - bei den zu erzielenden Mietpreisen lohne sich das nicht, sagte Schlatterer. Erst ab 10 Euro kalt werde es für Investoren interessant - damit kommen nur die angesagten Kieze infrage, in denen Bauland aber knapp ist und die Bodenpreise entsprechend hoch liegen.

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