: Metallarbeiter werden Angestellte
Musik im Internet: Metallica lassen für 317.377 ihrer Fans den Zugang zur preisgekrönten MP 3-Tauschbörse Napster sperren
Metallica sind nicht nur die Band, die nach allgemeinem Dafürhalten Heavy Metal in die Neunzigerjahre und damit ins neue Jahrtausend gerettet hat. Metallica darf sich jetzt auch rühmen, ihre Fans etwas genauer als andere Popunternehmen zu kennen. Das gilt zumindest für jenen Teil, der sich auch an digitalen Raubkopien von Metallica-Songs erfreut. Letzte Woche legte die Band dem Internetunternehmen Napster eine Liste der Usernamen von 317.377 Fans vor, die sich über den Napster-Server mit ebensolchen eingedeckt hatten. Napster reagierte prompt und blockierte die Zugänge der genannten User zu seinem System. Gestern ließ der Rapper und HipHop-Produzent Dr.Dre verlauten, seinerseits Napster eine Liste mit 230.000 Namen vorlegen zu wollen.
Napster, unlängst mit dem Internet-Oscar Webby ausgezeichnet, versteht sich als Börse, die Nutzern das Tauschen von Popsongs im MP 3-Format ermöglicht. Das Unternehmen, das letztes Jahr vom 19-jährigen Collegestudenten Shawn „Napster“ Fanning mit massiver Unterstützung durch Venture Capital gegründet worden war, verwandelte sich in kürzester Zeit zu einem der erfolgreichsten Start-ups im Netz. Napster vertritt die Auffassung, lediglich eine Plattform für das „Tauschen“ von MP 3-Dateien anzubieten, für Copyrightverletzungen also nicht unmittelbar verantwortlich zu sein. Tatsächlich fungiert die inzwischen riesige Datenbank aber als denkbar einfacher Vertriebsweg für Material, das zwar von einzelnen Usern hochgeladen, aber von prinzipiell unbegrenzt vielen heruntergeladen werden kann. Diese vernetzte Fangemeinde tobt jetzt auf Mailinglisten gegen Metallica. Im Netz tauchten Animationsfilme auf, die die Band als gierige Geschäftsleute schmähen.
Tatsächlich konnte die amerikanische Musikindustrie im letzten Jahr auf einen Rekordumsatz zurückblicken, der das Wehklagen der Branche über die kriminellen Potenziale des Internets als etwas unglaubwürdig erscheinen lässt. Darüber hinaus hat die mächtige Unterhaltungsindustrie in den letzten Jahren immer striktere Copyright-Regelungen durchgesetzt, die darauf abzielen, das im Urheberrecht festgelegte Erlöschen von Rechten auf einzelne Werke de facto bis in alle Ewigkeit hinauszuzögern. Eine weitere Änderung erklärte Musiker schließlich zu Angestellten, um rückwirkend zu verhindern, dass Rechte nach 35 Jahren an ihre tatsächlichen Urheber zurückfallen. Metallica wäre demnach die erste Metal-Band, die ihr Angestelltendasein öffentlich genießt.
ULRICH GUTMAIR
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