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INTERVIEW„Merkwürdige Wähler“

■ Der Berliner Bundessenator Peter Radunski (CDU) zur Niederlage seiner Partei bei den Bezirkswahlen

Der Berliner Bundessenator Peter Radunski (CDU) hatte jahrelang die Wahlkämpfe der Bundes-CDU geleitet und auch den Kommunalwahlkampf der Christdemokraten in Berlin durch seine Empfehlungen mitgeprägt. Die taz fragte ihn nach den Gründen der Wahlniederlage seiner Partei.

taz: Herr Radunski, die CDU hat auf Ihren Rat hin das Asylthema aus dem Wahlkampf herausgehalten. Trotzdem hat sie deutliche Verluste erlitten. War Ihr Rat falsch?

Peter Radunski: Mein Rat hat sich als richtig und als gut für Berlin herausgestellt. Wir geben der Weltöffentlichkeit kein schreckliches Schauspiel eines rechtsradikalen Booms. Auch die Wahlbeteiligung war in meinen Augen gut. 60 Prozent sind landauf, landab normal für Kommunalwahlen. Schlecht für uns ist, daß wir im Ostteil mit 14 Prozent so schlecht dastehen.

Die PDS ist dort doppelt so stark wie Ihre Partei, obwohl Sie Ihren Wahlkampf explizit gegen die „alten Seilschaften“ und die Radikalen von links und rechts geführt haben. Das ist doch eine Pleite.

Es ist in der Tat ein merkwürdiges Verhalten der Wähler im Ostteil der Stadt. Schließlich tun wir alles, damit Ost-Berlin vorankommt — wir investieren, wir engagieren uns in Bonn und Brüssel für eine bessere Förderung. Die Bürger im Ostteil werden offensichtlich mit den gegenwärtigen Entwicklungen und Veränderungen noch nicht fertig. Die Erfolge unserer Politik werden sich wahrscheinlich erst in zwei bis drei Jahren zeigen. Deswegen rate ich auch allen Parteifreunden, die klagen, daß man dem Osten alles hinten und vorne reinsteckt...

Sie meinen Ihren Fraktionschef Klaus Landowsky, der unlängst warnte, der Westen Berlins dürfe nicht „verosten“?

Klaus Landowsky meine ich ausdrücklich nicht. Aber es gibt viele, die das denken und sagen. Denen sage ich ausdrücklich: Behaltet die Nerven. In zwei, drei Jahren werden wir wahrscheinlich mit unserer die Ostbezirke fördernde Politik Erfolge haben.

Wäre das für die CDU überhaupt machbar, den Ostteil völlig aufzugeben?

Völlig undenkbar. Und dieses Wahlergebnis hat das eine Positive für uns: Wir werden uns auf jeden Fall beim nächsten Mal verbessern.

Der Slogan Ihrer Partei, der sich „gegen die alten Seilschaften“ richtete, hat auch bei einigen Ihrer Ostberliner Parteifreunde Unmut ausgelöst. War der CDU-Wahlkampf zu westlich gedacht?

In einem Punkt werden wir über Tonalitäten nachdenken. Muß man wirklich immer noch alte Seilschaften und alte Machenschaften anklagen? Aber der andere Punkt ist auch wichtig: Die alte ideologische Diskussion gegen den Kommunismus und sein Versagen sollten wir nicht aufgeben. Wir sollten also weniger gegen die Menschen, aber viel mehr gegen das alte System argumentieren. Insofern haben wir was gelernt. Interview: Hans-Martin Tillack

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