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Merkel und Abe bei der Cebit-EröffnungEin Plädoyer für Freihandel

Die Kanzlerin und Japans Ministerpräsident Shinzo Abe distanzieren sich von Trumps Isolationismus. Sie wollen das EU-Japan-Freihandelsabkommen schnell besiegeln.

Sie glauben an den Freihandel: Shinzo Abe und Angela Merkel Foto: reuters

Hannover rtr/dpa | Bundeskanzlerin Angela Merkel und Japans Ministerpräsident Shinzo Abe haben ein energisches Plädoyer für Freihandel in der Welt abgegeben. Zur Eröffnung der Cebit-Messe in Hannover sprachen sich beide am Sonntagabend für einen raschen Abschluss des EU-Japan-Freihandelsabkommens aus. Ohne die neue US-Regierung von Donald Trump namentlich zu erwähnen, setzten sich beide von protektionistischen Tendenzen ab.

„In Zeiten, wo wir über freien Handel, offene Grenzen, demokratische Werte mit vielen streiten müssen, ist es ein gutes Zeichen, dass Japan und Deutschland darüber nicht streiten, sondern zum Wohle der Menschen die Zukunft gestalten“, betonte Merkel. Deutschland fühle sich diesen Prinzipien auch als G20-Präsidentschaft besonders verpflichtet. Zuvor hatten die USA bei den G20-Finanzministern verhindert, dass sich die wichtigsten Industriestaaten in einer Erklärung für bisher geltende Standards wie Freihandel und Klimaschutz aussprechen konnten.

Cebit-Gastland Japan wolle zusammen mit Deutschland für mehr Freihandel in der Welt kämpfen, sagte auch Japans Ministerpräsident Abe. „Ich plädiere für einen frühzeitigen Abschluss des Wirtschaftsabkommens mit der EU“, sagte er. Beide Länder seien Beispiele dafür, wie man auch ohne Rohstoffe, aber mit Innovationen und Offenheit Wohlstand erreichen könne. Jetzt gelte es, das offene System zu schützen.

Sowohl Merkel als auch Abe nahmen eine US-Forderung auf, dass Handel auch „fair“ sein müsse. Dies dürfe aber keine Entschuldigung für den Aufbau neuer Barrieren sein, mahnte Merkel. Die neue US-Regierung denkt etwa über neue Steuern auf Importe nach. Die Kanzlerin hatte vergangene Woche auch mit dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping in einem Telefonat eine engere Kooperation für freien Handel und offene Märkte verabredet und diese Position auch bei einem Besuch bei Trump am Freitag vertreten.

Merkels Appell zur Digitalisierung

Merkel appellierte bei der Cebit-Eröffnungsfeier am Sonntagabend zudem eindringlich dafür, vom digitalen Wandel verunsicherte Menschen nicht zu ignorieren. Es gehe um „Millionen von Menschen, die zum Teil noch nicht wissen, was sie erwartet“, sagte Merkel auf dem Messegelände von Hannover rund ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl.

„Ist das gut für meinen Arbeitsplatz – oder ist das eine Gefahr für meinen Arbeitsplatz? Bin ich in der Lage, dem allem zu folgen – oder wer gibt mir die Bildung dafür? Bin ich ein Datenlieferant und mit meinen Daten wird alles gemacht – oder welchen Schutz habe ich?“, umschrieb Merkel die Sorgen. Die Politik könne es aber nicht allein schaffen, die Menschen in das neue Zeitalter der Digitalisierung mitzunehmen, sagte sie an die Adresse der Industrie.

Europa sei oft langsam bei der Digitalisierung, räumte Merkel ein. „28 Mitgliedstaaten müssen sich natürlich einbringen“, erklärte sie. „Aber wir spüren, dass auf der Welt das Tempo hoch ist und mit Japan haben wir einen Freund, der sich dieses hohe Tempo zu Nutzen macht.“ Europa und Deutschland könnten von Japan lernen, wie man Technologie offen gegenübertrete. „So wie wir uns mit der digitalen Signatur und der elektronischen Gesundheitskarte herumschlagen, da machen wir nicht den Weltrekord.“

Die Technologiemesse Cebit startet am Montag mit dem Versprechen, den digitalen Wandel mit konkreten Beispiel erlebbar zu machen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) macht am Morgen den traditionellen Messerundgang. Zu der fünftägigen Veranstaltung mit über 3000 Ausstellern aus 70 Ländern werden rund 200 000 Gäste erwartet. Die einstige Publikumsmesse wurde zuletzt auf Fachbesucher ausgerichtet. Aus dem diesjährigen Partnerland Japan ist Ministerpräsident Shinzo Abe dabei.

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