Merkel in Indien: Komplimente und Geschäfte
Kanzlerin Merkel und Indiens Premier Singh sparen beim Staatsbesuch nicht mit gegenseitigem Lob. Differenzen werden bei Agrarfragen in der Doha-Welthandelsrunde sichtbar.
Angela Merkel konnte sich beim Auftakt ihres Besuchs in der indischen Hauptstadt nicht über mangelnde Komplimente beschweren. Premier Manmohan Singh, der sonst den Ruf hat, etwas scheu zu sein, bescheinigte ihr bei jeder Gelegenheit, "eine große Staatsmännin", "eine Weltpolitikerin von internationaler Reputation" und auch "eine fähige Wissenschaftlerin" zu sein. Merkel revanchierte sich, indem sie zu einer engen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Indien aufrief: "Wir wollen die strategische Partnerschaft zwischen Indien und Deutschland ausbauen, intensivieren, und das auf allen Ebenen." Indien verdiene viel mehr Beachtung. Das Signal: Nach Jahren passiven Zuschauens stürzt sich die deutschen Wirtschaft auf einen der am schnellsten wachsenden Märkte der Welt.
Gleich mit zwei Airbussen voller Diplomaten, Wirtschaftsführer, Vertretern von Presse, Wissenschaft und Entwicklungshilfeorganisationen war Merkel am späten Montagabend in der indischen Hauptstadt zu ihrem viertägigen Besuch eingetroffen. Mit dabei sind neben Bildungsministerin Annette Schavan auch die Chefs von Siemens, BASF, Airbus und Deutsche Bahn.
Nach dem militärischen Empfang vor dem Präsidentenpalast und einer Kranzniederlegung an der Einäscherungsstätte Mahatma Gandhis ging es zum Bahnhof Safdarjung im Süden der Stadt. Dort verabschiedete Merkel gemeinsam mit Singh den "Science Express", eine rollende Wissenschaftsausstellung unter Führung der Max-Planck-Gesellschaft. Der Zug wird bis Juni 2008 in 56 Städten zu besichtigen sein. "Wir wollen mit dem Zug junge Menschen begeistern für wissenschaftliche Themen", sagte Merkel. Danach traf sie sich zu Gesprächen mit Staatspräsidentin Pratibha Patil, Vizepräsident Mohammad Hamid Ansari und Außenminister Pranab Mukherjee.
Beim Abschluss eines Treffens von deutschen und indischen Wirtschaftsführern forderte BASF-Chef Jürgen Hambrecht Indien auf, seine Handelsbarrieren weiter abzubauen: "Wir brauchen offene Märkte auf der Welt." Der indische Minister für Handel und Industrie, Kamal Nath, sagte, er unterstütze die Forderung nach offenen Märkten. Das müsse aber für beide Seiten gelten. Er forderte die EU dazu auf, Indien bei der Frage der Agrarsubventionen im Rahmen der Doha-Runde der Welthandelsorganisation entgegenzukommen. Nath sagte: "Wir haben manchmal das Gefühl, dass die Regeln im globalen Handel nicht fair sind." Merkel dagegen mahnte, das Abkommen solle so bald wie möglich zustandekommen, um nicht vollends zu scheitern. "Wenn wir nach den amerikanischen Wahlen damit neu anfangen, dann wird das nichts werden."
Sie sagte, Deutschland sei außer zu gemeinsamen Forschungsprojekten auch dazu bereit, "Straßen zu bauen" und in Indiens Finanz- und Versicherungssektor zu investieren. Der Flugzeugbauer EADS habe "wunderbare Angebote" sowohl im zivilen als auch im "militärischen Kooperationsbereich". Airbus-Chef Thomas Enders sagte anschließend, er sei zuversichtlich, der indischen Luftwaffe 120 Eurofighter verkaufen zu können.
Bei den politischen Gesprächen ging es außer über die wirtschaftliche Zusammenarbeit um Klimaschutz, Studentenaustausch und die Reform des UN-Sicherheitsrats. Auch bei der Bewältigung regionaler Krisen wollen Deutschland und Indien künftig eng zusammenarbeiten. Über das neue Verständnis von Indien sagte Merkel: "Wir haben sehr viele Gemeinsamkeiten, die auf einem ähnlichen Verständnis von Werten und demokratischen Strukturen basieren."
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