Merkel im Wendland

Schulen weiter besetzt, Anti-Castor-Plakate in fast jedem Laden. Lokalpolitiker ignorieren Demoverbot  ■ Von J. Voges

Hannover (taz) – Mit großen Hoffnungen gingen die BI Lüchow-Dannenberg und wendländische Kommunalpolitiker gestern nicht in das Gespräch, zu dem sich Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) überraschend selbst nach Lüchow eingeladen hatte. „Ich erwarte von dem Gespräch kein Ergebnis“, sagte der Landrat des Kreises Lüchow-Dannenberg, Christian Zühlke (SPD), den die Bürgerinitiative zu dem Gespräch mit eingeladen hatte.

Am Dienstag vormittag hatte sich bei BI-Sprecher Wolfgang Ehmke unerwartet das Ministerbüro von Merkel gemeldet und um einen Gesprächstermin gebeten. In Kernfragen wie dem Atomausstieg werde es sicher keine Annäherung geben, sagte Ehmke, aber Merkel könne den Castor-Konflikt durch eine Absage des Sechser- Transports entschärfen. Der Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums erklärte die Absage des Sechser-Transports nach Gorleben für ausgeschlossen.

Immerhin hat der Besuch der Umweltministerin in Lüchow den Schülern des Landkreises, die ihre Turnhallen vor der Beschlagnahme durch die Polizei bewahren wollen, eine Atempause vor der Räumung verschafft. In der Halle des Dannenberger Gymnasiums hatten in der Nacht zu Mittwoch etwa 400 Schülerinnen und Schüler in Schlafsäcken genächtigt. Gegen eine Räumung kündigten sie passiven Widerstand an.

Landrat Zühlke, die Bürgermeister der Gemeinden Dannenberg, Hitzacker, Zernien und Trebel und die Grünen-Abgeordnete Rebecca Harms haben gemeinsam an die Bundesregierung und die niedersächsische Landesregierung appelliert, „die Durchsetzung des bevorstehenden Castor-Transportes zu verweigern“. Wegen des bevorstehenden Sechser-Transportes sei „zur Zeit das Verhältnis vieler Kinder und Jugendlicher und der Mehrheit der Menschen im Wendland zu ihrem Staat zum Zerreißen gespannt“. Der Transport sei politisch nicht durchsetzbar. Der Bürgermeister von Dannenberg, Bernhard Fathmann sagte, seine Stadt lebe bei jedem Castor- Transport im Ausnahmezustand. „Viele Arbeitnehmer müssen Urlaub nehmen, da die großen Betriebe direkt hinter der Castor- Verladestation wegen der Polizeikontrollen nicht mehr erreichbar sind.“ Selbst Krankentransporte würden nicht durchgelassen. Auch deswegen werde der Widerstand immer breiter. Inzwischen hingen praktische in allen Geschäften in Dannenberg Plakate und Bilder vom Widerstand gegen den Castor aus. Landrat und Bürgermeister wollen das Demonstrationsverbot nicht akzeptieren: „Wir werden diese Ordnungswidrigkeit begehen und alle bei den Demonstrationen dabei sein.“