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Menschliche Bombe im Café

■ Ein Selbstmordattentäter der fundamentalistischen Hamas-Bewegung tötet drei Menschen im Zentrum von Tel Aviv. Unter den 48 Verletzten sind auch Kinder

Tel Aviv (AFP/taz) – Bei einem Bombenanschlag auf ein vollbesetztes Straßencafé in Tel Aviv sind gestern drei Menschen getötet und 48 verletzt worden, mehrere von ihnen lebensgefährlich. Wegen des jüdischen Purim-Festes und des schönen Wetters saßen zahlreiche Menschen in den Cafés der Stadt. Die Wucht der Detonation ließ die Fensterscheiben zerbersten und richtete im Innern des Cafés schwere Verwüstungen an. Eine Polizistin trug einen als Clown verkleideten Säugling ins Freie. Auf dem Gehweg wurden Verletzte behandelt. Eine Frau hielt schreiend ihre blutenden Arme hoch. Das Café „A propos“ liegt im Einkaufszentrum Disengoff, wo ebenfalls beim Purim- Fest vor einem Jahr ein Selbstmordattentäter der radikalen Dschihad-Organisation 13 Menschen getötet hatte. Der gestrige Anschlag war das erste schwere Attentat seither. Ein Kellner des Cafés sagte, ein Mann sei mit zwei Taschen in den Innenhof gekommen. „Ich wollte gerade eine Bestellung aufnehmen. Eine Sekunde später gab es einen riesigen Blitz, und der Mann explodierte.“ Zu dem Anschlag bekannte sich die fundamentalistische Hamas-Bewegung. Ein anonymer Anrufer sagte gegenüber der Polizei, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu trage wegen des Siedlungsbaus in Ost-Jerusalem die Verantwortung für das Wiederaufflammen der Gewalt. Netanjahu erklärte dagegen, die „kriminellen Organisationen“ der Extremisten hätten von der Autonomieverwaltung „grünes Licht“ erhalten. Er machte Jassir Arafat persönlich für den Anschlag mitverantwortlich. Israel ordnete die Schließung der Übergänge zu den Palästinensergebieten an.

Arafat verurteilte die Tat in einem Telefonat mit dem israelischen Präsidenten Eser Weizman. Wegen der „schwerwiegenden Lage“ sagte er seinen für kommende Woche geplanten Besuch in Frankreich ab. Der Sprecher der Autonomieverwaltung, Achmed Abdel Rachman, erklärte: „Wir verurteilen die Tötung von Zivilisten in Tel Aviv, ganz egal, welche Motive und Kräfte dahinterstehen.“ In der Stadt Nablus im Westjordanland feierte dagegen ein Hamas-Funktionär die Tat: „Das ist die einzige Sprache, die die Besatzer verstehen“, sagte er.

In Hebron wurden gestern vormittag bei Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten sechs Jugendliche verletzt. Auf dem Bauplatz der Siedlung Har Homa in Ost-Jerusalem demonstrierten 200 Palästinenser gegen die Siedlungspolitik. In der Altstadt Jerusalems wurden zwei Molotowcocktails gegen das Haus des Ministers Ariel Scharon geworfen, ohne Schaden anzurichten. Kommentar Seite 10

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