Das Portrait: Menschenscheu und machtbesessen
■ Carlos Roberto Flores
Er ist von derselben Partei wie sein Vorgänger, er trägt dieselben Vornamen, aber er hat längst nicht dessen politisches Format. Carlos Roberto Flores Facusse hat am Dienstag im mittelamerikanischen Honduras das Präsidentenamt von Carlos Roberto Reina übernommen. Beide gehören der Liberalen Partei an, und die gleicht in gewisser Hinsicht der FDP: Es gibt einen kleinen rechtsliberalen Flügel um den knorrigen ehemaligen Menschenrechtsanwalt Reina, und es gibt den wirtschaftsliberalen Flügel der windschnittigen Unternehmer. Der 47jährige Flores ist ein solcher.
Er gehört zum Clan der Facusse, der wohl reichsten Familie von Honduras. Er selbst ist zwar nur der „arme“ Neffe der Dynastie, aber mit La Tribuna gehört ihm immerhin die größte Tageszeitung des Landes. Dazu besitzt er eine Druckerei und ein paar Apotheken.
Wie alle Kinder reicher Eltern kam Flores mit dem Alltag der achtzig Prozent Armen nie in Berührung. Er wuchs wohlbehütet auf, und zum Studium der Ingenieurwissenschaften schickte man ihn in die USA.
Flores gilt einerseits als überempfindlich und menschenscheu. Bei den Dreharbeiten für die Wahlspots im Fernsehen, sagt ein Mitarbeiter, „haben wir ihn zwingen müssen, Menschen von der Straße anzufassen“. Die einzige Niederlage in seinem Leben – bei der Präsidentschaftswahl von 1989 verlor er gegen den Kandidaten der Nationalen Partei, Rafael Callejas – hat ihn so geschmerzt, daß er sich ein Jahr lang nicht in der Öffentlichkeit zeigte.
Gleichzeitig ist Flores ein kalter Rechner und Machtpolitiker. Seine Präsidentschaftskandidatur hat er vier Jahre lang als Parlamentspräsident vorbereitet. Er nahm dabei fast ausschließlich an Sitzungen teil, in denen von ihm ausgearbeitete Gesetzesanträge diskutiert und mit einer absehbaren Mehrheit verabschiedet wurden.
In der Militärpolitik will Flores seinem Vorgänger folgen. Er hat angekündigt, er werde die Figur des von den Generälen selbst eingesetzten Armeechefs durch einen vom Präsidenten bestimmten Verteidigungsminister ersetzen. Beweggrund dafür dürfte kaum der Wunsch nach mehr Demokratie sein. Die Militärs besitzen das größte Wirtschaftsimperium von Honduras. Wenn Flores ihre Macht beschneidet, dient er damit gleichzeitig den Interessen seines Clans. Toni Keppeler
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