Mensch und Tier: Wenn der Postmann zweimal bellt
■ Bremer Briefträger bei vertrauensbil-denden Maßnahmen mit Schäferhunden / 3.000 Bisse pro Jahr
BriefträgerInnen und Hunde haben eher ein gespanntes Verhältnis zueinander. Aus dem Weg gehen können sie sich nicht. Dumm, besonders für die BriefträgerIn. Die dringt regelmäßig in Bellos Revier ein, findet Bello – und reagiert mit Drohgebärden. Mindestens. Das soll sich ändern, und deshalb veranstaltet die Landesgruppe „Waterkant“ im Verein für Deutsche Schäferhunde ein Pilotprojekt. Titel: „Post probt Hundekontakt“. Rund 20 Bremer BriefträgerInnen nehmen teil. Neben Theorie wird das richtige Verhalten auf der Zustelltour auch praktisch geübt.
Alle Teilnehmer haben schon schmerzhafte Erfahrungen mit Hunden machen müssen. So auch Karin Milski, Zustellerin in einem Bremer Villenviertel. Schon sechsmal ist sie von Hunden gebissen worden. Einmal so schlimm, daß sie sechs Wochen krankgeschrieben war. Zahlreiche Narben sind am linken Unterschenkel zurückgeblieben. „Drei verschiedene Hunde haben immer ins gleiche Bein gebissen“, erklärt Milski.
Gerhard Jackisch hat noch Glück im Unglück gehabt. Als er einen auf den Boden gefallenen Brief aufheben wollte, schnappte ein Hund durchs Gitter und erwischte ihn am Kopf. „Es war nur eine Kratzwunde, die geblutet hat, krankgeschrieben war ich deswegen nicht.“ In seinen 25 Berufsjahren sei er vier bis fünf Mal gebissen worden.
Das größte Problem sind nach Ansicht der ZustellerInnen weniger die Hunde, als vielmehr deren die HalterInnen. „Die sollten Verhaltensregeln erhalten.“ Manche Besitzer erklärten auch dann noch „das ist ein guterzogener Hund, da passiert nichts“, wenn sich der Vierbeiner schon „in meiner Jacke verbissen hat“. Andere hätten häufig die Einstellung „was soll's, ich bin doch gut versichert“.
Bundesweit wurden nach Angaben der Post im vergangenen Jahr 3.000 der insgesamt 92.000 Briefzusteller von Hunden gebissen, was Kosten von rund 15 Millionen Mark verursachte. Neben dem jetzt gestarteten Pilotprojekt sollen demnächst Handzettel im Niederlassungsbezirk von der Elbmündung bis Wildeshausen an Hundehalter verteilt werden.
„Wir wollen Verständnis für die Probleme der Zusteller wecken“, sagt der Niederlassungsleiter Briefpost Bremen, Jürgen Streckfuß. Gleichzeitig sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, um die Begegnung Briefträger-Hund überhaupt zu vermeiden, beispielsweise indem der Briefkasten am Gartenzaun installiert wird. Von dem letzten Mittel, dem Ausschluß von der Zustellung, werde nur bei uneinsichtigen Kunden Gebrauch gemacht, betont Streckfuß. dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen