■ Kommentar: Melodien für Millionen
Als Hoffnungsträger für Millionen sieht sich die Gewerkschaft. Und singt bei jeder sich bietenden Gelegenheit die passende Melodie – zum Mitklatschen geeignet. In den vergangenen zwei Monaten konnte die IG Metall bundesweit 10.000 neue Mitglieder akquirieren. Tusch, Applaus, gemeinsam gegen Tarifbruch. Wer wird angesichts dessen die popelige Frage nach dem „Wie“ stellen wollen?
Mehr Druck von unten hatte der Gewerkschaftsbund gefordert – gegen Sozialabbau, jetzt sofort und mit Ausrufungszeichen versehen. Zigtausende folgten den Funktionären mit fliegenden Fahnen, einmal sogar bis nach Bonn. Wenige Monate später ist vom allgemein voranschreitenden Sozialabbau kaum noch die Rede, von einem Generalstreik war sie es – ernsthaft – nie.
Aber es haben echt total viele mitgemacht bei den Demos, und „Tuten und Blasen“ hat gewohnt schmissig zum Protestmarsch aufgespielt. Wer wird denn da quengeln wollen, daß es – erwartungsgemäß – herzlich wenig gebracht hat?
Die Arbeitnehmervertreter stehen zwischen den Stühlen und setzen sich mal hier, mal dort. Sie pochen auf Tarifverträge, während diese schon längst bröckeln. Es reicht nicht – wie auch im Fall Ludwig – gegen Tarifbruch zu wettern und zum Widerstand zu blasen. Es fehlt noch immer ein Handlungskonzept.
Schließlich ruht auf den Gewerkschaften nicht nur jetzt die Hoffnung ihrer Mitglieder, sondern auch und schon lange die Last des Wissens um globale wirtschaftliche Entwicklungen – durch zahlreiche Positionen in den Aufsichtsräten.
Stefanie Winter
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