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Meister des Teufels

■ Die Gitarristen Manuel Barrueco und David Russell von ihrer besten Saite

Bei Paganini tauten sie auf. Nach Mozart, Haydn und Sor, schulmäßig und routiniert gespielt, schnurrten die Saiten der beiden amerikanischen Gitarristen am Sonntag Abend in Delmenhorst. Manuel Barrueco und David Russell eröffneten im Kleinen Haus als Gäste des Delmenhorster „Forums für Kultur“ ihre erste gemeinsame Tournee und verzauberten 500 begeisterte ZuhörerInnen mit virtuoser Gitarrenmusik.

Saiten

Die Sonate A-Dur des genuesischen Teufelsgeigers verlangte von Barrueco und Russell die ersten großen Schwierigkeiten: In halsbrecherischen Läufen fegten die Finger über die Griffbretter, bei der Melodieführung im Flageolett wurden aus Gitarren Glockenspiele und mit der trockenen Pizzicato-Technik mischten die beiden das Teufelsthema im Allegro auf. Paganini hätte vor Begeisterung das Instrument gewechselt.

Sonne

Caesar Francks Prelude und Fuge mit Variationen verlangte dagegen viel Gefühl: Weiche Anschläge, volle Töne, zarte Melodie über ruhigen Akkorden, wechselnde Dynamik zwischen erster und zweiter Gitarre, dann harte, kurz vor dem Steg gespielte Sequenzen, die durch eine gute Akustik im Kleinen Haus bis in die letzten Reihen knallten.

Barrueco und Russell waren bestens eingespielt, konnten Melodie und Begleitung dynamisch aufeinander abstimmen und verstanden sich blind auch bei Ritardandi und Synkopen. Keiner der beiden spielte sich in den Vordergrund.

und Siesta

Die fünf Spanischen Tänze von Enrique Granados waren die Höhepunkte des Konzerts. Mit der Jota, Asturiana, Oriental, Samba und Mazurka führten Barrueco und Russell die Gitarre in klassischer Ausführung an ihren folkloristischen Ursprung zurück.

Da wurde das verträumte Delmenhorst für zwanzig Minuten ein andalusisches Dorf mit maurischen Häusern, weiße Mauern, schmale Gassen, Sonne und Siesta. Der Farn der Bühnendekoration wuchs zur Palme, die schwarzen Vorhänge im Hintergrund verwandelten sich in blauen Himmel. Sehnsucht troff aus dem hingehauchten Oriental, temperamentvoll hallten die Stiefel beim Samba und bei der Mazurka, Rotwein floß aus Korbflaschen in die Kehlen des Publikums, die der Staub des andalusischen Sommerwindes ausgetrocknet hatte. Kein Wunder, das die Granados-Stücke nach der Tournee für eine Schallplattenproduktion eingespielt werden.

Die Musiker spielten sich von Tanz zu Tanz in einen Rausch. Drei Zugaben legten sie auf ihr Programm: zwei Albeniz-Stücke und ein Tanz von de Falla: Furioso atemloso vor einem dankbaren Delmenhorster Publikum, das die beiden Gitarrenteufel zum Tourneeauftakt feierte.

mad

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