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Meinhofs Beerdigung

Die Beerdigung von Ulrike Meinhof am 15. Mai 1976 bescherte dem Berliner Arbeiter- Stadtteil Mariendorf den Ausnahmezustand. An den Schulen in der Nähe des Heilig-Kreuz- Friedhofs fiel der Unterricht aus – die Schuldirektoren befürchteten Anschläge. Staatsschutzbeamte eskortierten den Eichensarg zur Friedhofskapelle, auf den Balkons der umliegenden Häuser hingen Bademäntel und Handtücher, hinter denen Filmkameras und Fotoapparate hervorlugten.

Viele Trauergäste hatten ihre Gesichter mit Schuhcreme und Theaterschminke bemalt, trugen Wollmützen und Schals, um nicht erkannt zu werden. Einige hielten Transparente hoch, auf denen von „Mord“ und „Vernichtung“ die Rede war. Ein Lautsprecherwagen auf dem Bürgersteig vor dem Fiedhof übertrug die Grabreden, anschließend erklangen Biermann-Lieder und die südamerikanische Weise „Venceremos“ („Wir werden siegen“).

Obwohl Meinhofs Schwester darum gebeten hatte, statt Blumen Geld für einen Rechtshilfefonds zu spenden, war die Gruft mit Tulpen, Rosen und Vergißmeinnicht übersät.

Die Bild-Zeitung berichtete: „Viereinhalbtausend Menschen grölten und weinten, pfiffen und prügelten, als Deutschlands gefährlichste Anarchistin in einem braunen Eichensarg versenkt wurde. Aus der Beerdigung wurde eine Demonstration des Hasses, des Terrors, aber auch der linksradikalen Verbrüderung.“ Anders beurteilte die Süddeutsche Zeitung den Samstag vormittag im Mai 1976: „Es verlief alles ruhig. Man stand dicht an dicht und harrte länger als eineinhalb Stunden aus, bis auch die letzte Beileidsadresse verlesen war.“

Von den Grabrednern, darunter die Rechtsanwälte Otto Schily und Klaus Croissant, erntete allein der Theologe Helmut Gollwitzer Pfiffe und Zwischenrufe. Er hatte es gewagt, einen christlichen Bezug herzustellen: „Ulrike Meinhof ist in Wirklichkeit hineingegangen in die Liebe Gottes.“ Nach der Beerdigung zogen die Trauergäste zur Abschlußkundgebung in die Nähe des Schöneberger Rathauses – knapp 15 Kilometer vom Friedhof entfernt. Von Ulrike Meinhofs engsten Angehörigen marschierte niemand mit.

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