Mein Sohn wirkt, als wolle er zu DSDS: Mehmets Song für die AfD
Mein Sohn will Süperstar werden – aber was echtes Gefühl ist, muss ich ihm erst noch beibringen.
Osman, unser Sohn Mehmet wird bald so weltberühmt wie meine Wildecker Herzbuben sein“, ruft meine Frau aufgeregt. „Eminanim, kommt er etwa ins Guinnessbuch der Rekorde als der ewigste Student aller Zeiten?“, frage ich neugierig. „Nein, er übt für die Sendung ‚Deutschland sucht den Superstar‘. Als Mutter eines Superstars komme auch ich endlich ins Fernsehen. Und der süße Dieter Bohlen wird dadurch auf mich aufmerksam.“
Dann beobachten wir, wie mein kommunistischer Sohn Mehmet in seinem Zimmer vor dem Spiegel auf und ab geht und irgendwelche Lieder trällert.
Sofort gebe ich meine wertvollen Erfahrungen an ihn weiter.
„Mehmet, mein Sohn, hör mal zu, du musst unbedingt was sehr Gefühlvolles singen. Die Deutschen stehen total drauf. Zum Beispiel dieses türkische Lied hier:
„Yüreğim kanıyor,
Ciğerini yediğim.“
Auf Deutsch:
„Mein Herz blutet,
ich esse deine Leber.“
„Vater, was soll denn diese dämlichen Kannibalen-Sprüche? Leber essen, Herz blutet?“, fragt der undankbare Sohnemann trotzig.
„Wie? Kennst du dieses tolle, gefühlvolle türkische Lied etwa nicht? Wie gesagt, du musst unbedingt die Herzen der Menschen erreichen, wenn du ein Süperstar werden willst. Was hältst du denn von diesem herzzerreißenden Lied hier:
„Of oof oooff,
Hasta ettin sen beni, seni kansız seni,
Kan kusturdun sen bana,
Yanar yüreğim sana, girsen kara toprağa!“
„Vater, ich verstehe nur Bahnhof! Warum kotzt du? Wer hat Blutarmut?“
„Das war die türkische Version dieses schönen Liedes. Du musst natürlich auf Deutsch singen, mein Sohn. Ich hab’s bereits für dich übersetzt. Hör mal zu:
„Of oof oooff,
du hast mich krank gemacht, du Blutloser, du,
du hast mich Blut kotzen lassen,
Mein Herz wird brennen,
Solltest du unter der schwarzen Erde landen!“
Mehmet, bei solch romantischen Liedern werden die Menschen in der Türkei reihenweise ohnmächtig. In Deutschland wird das sicherlich auch der Fall sein. Die Fans werden dir zu Füßen liegen.“
„Vater, so was Perverses nennst du romantisch?“, fragt er völlig gefühllos.
„Mein Sohn, Affen können auch nicht singen, aber die fangen auch erst gar nicht damit an!“, antworte ich.
„Toll! Ist das etwa auch ein sehr romantisches, gefühlvolles türkisches Lied, das ich singen soll?“
„Nein. Das war ein Spruch von Dieter Bohlen bei ‚Deutschland sucht den Superstar‘. Ich bereite dich jetzt auf die harten Bühnenbedingungen vor, damit du weißt, was dich dort erwartet. Halt dich fest, hier habe ich noch einen Spruch von ihm: ‚Junge, du bewegst dich wie ein angeschossenes Wildschwein!‘“
„Vater, ich fass' es nicht! Was hab ich denn mit dieser schwachsinnigen Sendung am Hut, verdammt?“, brüllt er.
„Aber Mehmet, warum übst du denn sonst seit Tagen vor dem großen Spiegel mit einem Mikro in der Hand?“
„Weil ich mich auf meinen großen Auftritt in der Uni gegen die AfD vorbereite. Zusammen mit den Marxisten, Leninisten, Trotzkisten und anderen linken Kisten:
„Hoch – die – internationale – Solidaritäät!
Hoch – die – internationale – Solidaritäät!“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!