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Archiv-Artikel

Mein Name bleibt Hase

Polizeichef Glietsch setzt bei der Kennzeichnungsfrage neuerdings auf Freiwilligkeit. Er hofft auf einen Mentalitätswechsel unter Polizisten. Den fürchtet die Gewerkschaft. Placebo-Effekt, sagen Kritiker

von PLUTONIA PLARRE

Allein bei der Vorstellung, dass es für Polizisten zur Pflicht werden könnte, an der Uniform ein Namensschild zu tragen, sträuben sich dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei die Nackenhaare. „Wir sind kompromisslos dagegen und werden auf ganzer Linie Widerstand leisten“, kündigte Eberhard Schönberg an, als das Vorhaben Eingang in die rot-rote Koalitionsvereinbarung fand.

Das war vor über einem Jahr. Nun unternimmt Polizeipräsident Dieter Glietsch (SPD) erste Schritte, den Plan in die Tat umzusetzen. Doch Glietsch verordnet seinen Beamten nichts. Er setzt auf die Freiwilligkeit: „Man muss dafür werben, sich freiwillig zu kennzeichnen, niemand wird dazu verpflichtet.“ Der Gesamtpersonalrat (GPR), der das Vorhaben gestern erstmals von Mitarbeitern von Glietschs Stab vorgestellt bekam, zeigte sich entzückt. „Wir betrachten das Ganze sehr positiv“, sagte der stellvertretende GPR-Vorsitzende Wilfried Püschel. „Freiwilligkeit ist der beste Weg, um die Kollegen für das Thema zu sensibilisieren.“

Die Forderung nach Namensschildern wird von Bürgerrechtsgruppen seit über 25 Jahren erhoben. Sie bezieht sich weniger auf normale Streifenbeamte als auf die Angehörigen der geschlossenen Einheiten, die bei Demonstrationen mit heruntergelassenem Visier im Schutz der Anonymität schon oftmals ohne Rücksicht auf Verluste auf ihr Gegenüber eingeschlagen haben. Eine individuelle Kennzeichnung würde die Identifizierung der Schläger in Uniform wesentlich erleichtern und zudem zu mehr Zurückhaltung bei den Einsätzen führen.

Aber dass wird wohl auch in Zukunft Wunschdenken bleiben. Nach Angaben von Polizeioberrat Lars Neumann wird „in den nächsten Wochen“ eine Geschäftsanweisung in Kraft treten, nach der die rund 15.000 Uniformträger bei der Polizei ein Namensschild „tragen dürfen, aber nicht müssen“. Das sei zwar schon jetzt erlaubt, die Geschäftsanweisung solle aber eine Ermunterung sein und dazu dienen, dass Erscheinungsbild der Polizei zu vereinheitlichen: „Der eine trägt das Schild links an der Brust, der andere rechts.“ Neumann schätzt, dass sich „10 bis 20 Prozent“ der Uniformierten für das Namensschild erwärmen könnten, bei den geschlossenen Einheiten allerdings viel weniger. Dennoch meint der Polizeioberrat: „Das freiwillige Tragen wird eine Diskussion auslösen und eine neue Dynamik in das Thema bringen.“

„Wenn die geschlossenen Einheiten nicht zur Kennzeichnung verpflichtet werden, ist das Ganze ein Placebo und eine Alibiveranstaltung“, steht für den innenpolitischen Sprecher der Grünen, Wolfgang Wieland, fest. Die innenpolitische Sprecherin der PDS, Marion Seelig, sieht das nicht so. Glietschs Vorstoß sei ein „Modellversuch“, mit dem bei der Polizei um Vertrauen geworben werden solle. Die PDS, so Seelig, halte auch weiterhin an der Einführung der Kennzeichnungspflicht für die geschlossenen Einheiten fest. „Notfalls auch auf Anordnung.“

Worte wie diese sind Wasser auf die Mühlen des Gewerkschaftsbosses. „Das mit der Freiwilligkeit ist doch nur ein Trick, um die Kennzeichnung nach einem Probelauf zwangsweise einzuführen“, warnt Schönberg den Gesamtpersonalrat davor, der mitbestimmungspflichtigen Geschäftanweisung zuzustimmen. Dessen Vorsitzender Püschel winkt ab: Er glaube nicht, das Glietsch so etwas täte. „Das wäre doch absolut kontraproduktiv.“