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„Mein Hobby sind Menschen“

■ Cafe in Bremen als private Initiative zur Völkerverständigung

„Mein Hobby ist Menschenfreundlichkeit. Wenn das jemand naiv findet, macht mir das nichts“. Das sagt Gerald Besser, 34, von sich, der gute Mensch von der Eduard-Grunow-Straße. Hier hat er vor drei Wochen in seinem Wohnzimmer im Erdgeschoß ein Kultur- und Nachbarschafts-Cafe für MitbürgerInnen aller Nationalitäten eröffnet. Bestürzt über die wachsende Ausländerfeindlichkeit und das Ergebnis der letzten Landtagswahl, konnte er der xenophoben Stimmung im Lande Bremen nicht länger tatenlos zusehen. „Wenn die Behörden nichts tun, dann müssen eben Privatleute aktiv werden“, fand er. Nach der Wahl begann er sofort sein Wohnzimmer in ein privates Cafe umzuwandeln, in japanischem Stil im Selbstbau. Über 2000 Handzettel verteilte er in den Briefkästen seiner Nachbarschaft um auf seine Initiative aufmerksam zu machen.

Ein Ofen knistert gemütlich in dem kleinen Raum mit 16 Plätzen. Tomasz aus Polen serviert Kaffee und Tee für eine Mark die Tasse. Eine Flasche Bier kostet 2,50 und Schnaps gibt's überhaupt nicht. Die Kommunikation zwischen den Nationalitäten soll schon ohne solche Hilfsmittel zustandekommen. Tatsächlich geht sein Vorhaben bisher auf, jeden Abend hat er Gäste aus verschiedenen Ländern. Gespräche, Diskussionen und Spiele stiften den Kontakt zwischen den Menschen. Für die Zukunft hat Gerald Besser schon weitere Pläne. Gitarren- und Yoga-Kurse will er anbieten. Am Grundbergsee besitzt er ein Blockhaus, das er für Ausflüge und Kurse zur Verfügung stellt. Die Friseurin aus der Nachbarschaft hat sich schon angeboten, Bauchtanz zu unterrichten.

Am einem Montagabend hocken sechs Gäste aus vier Ländern beim Tee zusammen und klönen. Während Gerald noch erzählt, wie er die zwischenmenschliche Verständigung verschiedenster Nationalitäten schüren will, klingelt eine Gruppe junger Mädels aus Polen an der Tür und bringt Aufregung in die Bude. Tomasz versteht zunächst, daß sie von der Oper kommen und mal was vorsingen wollen. Nach einigem Hinundher wird klar, daß sie als Au-Pair-Mädchen in Bremen sind und durch den Handzettel auf die Adresse des „Tomo Ni“ gekommen sind. „Tomo Ni“ heißt das Cafe. Das ist japanisch und bedeutet –zusammen'. „Man kann ja nur herausfinden wie der andere denkt, wenn man sich zusammensetzt und über die Unterschiede redet“, sagt Gerald, „aber wo gibt's schon die Möglichkeit dazu?“ Und wenn er von Unterschieden spricht, denkt er an die Gemeinsamkeiten, die allen Menschen am Herzen liegen, holt aus, daß alle doch nur ein bißchen Verständnis, Wärme und Zuwendung auf der Welt suchen. Was er so freiweg von der Leber und ganz selbstbewußt naiv erzählt, läßt die Reporterin doch ein bißchen zweifeln. Alles zu schön um wahr zu sein? Und das Geld? „Mein Hobby ist nicht teurer als Briefmarkensammeln“, schließlich kann er gut leben von seiner Arbeit als Pflegevater und Rebirthing-Therapeut. Einst von seinem Vater in die Bäckerlehre gezwungen, schulte er später um auf Erzieher und machte eine Heilpraktiker-Ausbildung, später betreute er abstürzende Jugendliche für das Jugendamt: ein Self-made-man der sozialen Branche. An diesem Montagabend ist ihm Naivität nicht vorzuwerfen, alle bemühen sich entspannt um das gegenseitige Verständnis. Gerald erwischte mit seinem Cafe einen guten Start, er wünscht sich, daß andere es ihm gleichtun. Juan

“Tomo Ni“, Eduard-Grunow-Str. 13, bei Besser klingeln, tägl. 18 — ca. 24 Uhr, Sonntags ab 15 Uhr

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