Mehrere Vorwürfe: Brandenburgs Innenminister tritt zurück
Erst geriet er wegen eines Immobiliendeals als Finanzminister in die Kritik, dann kam der Vorwurf nicht den Unterhalt für sein uneheliches Kind gezahlt zu haben. Jetzt ist Speer zurückgetreten.
POTSDAM dapd/dpa | Brandenburgs Innenminister Rainer Speer (SPD) ist zurückgetreten. Das gab der 51-Jährige am Donnerstag in Potsdam bekannt. Er wolle damit Schaden von seinem Amt, der rot-roten Koalition und seiner Partei abwenden, sagte er zur Begründung. Gleichzeitig wies er die in den vergangenen Wochen gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück. Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Potsdamer Landtag, Dietmar Woidke, soll laut Staatskanzlei sein Nachfolger werden.
Speer steht seit Wochen in den Schlagzeilen. Dabei geht es um den umstrittenen Verkauf eines Kasernengeländes im Potsdamer Norden sowie der Brandenburger Bodengesellschaft (BBG). Zudem soll aus Daten eines Speer im vergangenen Jahr gestohlenen Laptops hervorgehen, dass er sich in den 90er Jahren möglicherweise an einem Betrug beteiligt haben könnte. Bei einer öffentlichen Verhandlung des Landgerichts Berlin wurde deutlich, dass es um die Frage geht, ob eine frühere Freundin möglicherweise zu Unrecht für ein uneheliches Kind von Speer Unterhalt vom Staat erhielt.
Speer begründete seinen Rücktritt auch damit, dass die Mutter des Kindes "bedrängt" werde und er dafür keinen Vorwand mehr liefern wolle. Zugleich kündigte er an, dass er die Rechte zur Wahrung seiner Privatsphäre weiter wahren wolle.
Politiker der Opposition hatten schon am Dienstag seinen Rücktritt gefordert. Die Fraktionen von CDU, FDP und Grünen warfen Speer mangelnden Aufklärungswillen vor. CDU-Fraktionschefin Saskia Ludwig hatte angeführt, Speer sei Herr über 8.900 Polizisten und den Verfassungsschutz. Er stehe damit in einer besonderen Verantwortung, die gegen ihn erhobene Vorwürfe aufzuklären.
Der 1959 im Osten Berlins geborene Speer fällt schon rein äußerlich durch Markenzeichen wie Zigarre, Basecap, Hosenträger, Drei-Tage-Bart und Nickelbrille auf. Speer ist kein gelernter Politiker, beweist aber seit Jahren strategisches Geschick. Nach der Wende baute er im damaligen Bezirk Potsdam die SPD mit auf. 1994 wählten die Genossen den Rotwein-Kenner und Hobby-Koch das erste Mal zum Chef des Unterbezirks.
Früher galt Speer als Macher in der zweiten Reihe. Unter Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) war er Umweltstaatssekretär und Staatskanzlei-Chef. 2004 rückte der heute 51-jährige langjährige Freund von Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) in die erste Reihe vor und wurde Brandenburgs Finanzminister. Als Chef des Innenressorts hat er sich in diesem Jahr mit der Polizeireform wenig Freunde gemacht. Sie sieht einen Abbau von 1900 der jetzt rund 8900 Stellen und eine drastische Reduzierung der landesweit 50 Wachen vor.
Eigentlich plante der gelernte Betriebsschlosser einst ein Studium. Doch von der Offiziershochschule der NVA im sächsischen Löbau wurde er wegen "politischer Unzuverlässigkeit" exmatrikuliert. Bis zur Wende arbeitete Speer als Möbelrestaurator und in verschiedenen Jugendprojekten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid