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Mehr als beunruhigend

betr.: „Datenstaubsauger jetzt auch im Kabel“, taz vom 7. 5. 01

Die Modifikation des G10-Gesetzes lässt befürchten, dass von den in der Zeit des „Kalten Kriegs“ so hochgehaltenen Brief- und Telekommunikationsgeheimnissen bis zum Ende des Jahrzehnts nichts übrig bleiben wird. Zum einen wird unter Hinweis auf die organisierte Kriminalität die Grenze zwischen polizeilichen Ermittlungen und den viel schwerer zu kontrollierenden nachrichtendienstlichen Tätigkeiten gezielt verwischt.

Schwerwiegender erscheint aber die Schleppnetz-Analyse der gesamten Kommunikation, die sich mit heutigen Techniken wahrscheinlich nicht bloß auf Stichwörter, sondern schon auf inhaltliche Zusammenhänge bezieht. Man muss sich überlegen, was das für die Zukunft bedeuten kann: Angesichts des Aufwandes bei der automatischen Spracherkennung ist es technisch nur zu plausibel, gleich den gesamten Datenverkehr permanent zu speichern und später mit aktuellen Verfahren und modernisierter Hardware zu screenen. Die Speicherung der zitierten 100.000 Telefongespräche täglich beispielsweise würde derzeit bei je 3 Minuten Länge und gängigen Medien keine 2.000 Mark kosten, die Speicherung von 100.000 E-Mails kostet sogar weniger als fünf Mark. Intelligente Auswertungssoftware würde es dann schon bald ermöglichen, nach Eingabe eines Namens nicht nur die Liste der besprochenen Themen, sondern auch gleich ein komplettes in die Vergangenheit reichendes Persönlichkeitsprofil zu erstellen, ein System, von dem die Stasi nur hätte träumen können und das einer Figur wie Haider sicher hoch willkommen wäre.

Diese erschreckenden technischen Möglichkeiten begründen, dass die Demokratie in Zukunft nicht ohne einen Schutz der individuellen elektronischen Kommunikation auskommen wird. Dass dieser kaum diskutiert wird, sondern die Nachrichtendienste ihre Grenzen weit gehend selbst festlegen, ist mehr als beunruhigend. JOHANNES NIX, Dipl.-Physiker,

tätig im Bereich Sprachverarbeitung, Oldenburg

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