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Mehr Rechte für die Opfer von Straftaten

■ Justizsenator Hardraht stellt Bundesratinitiative zum Opferschutz vor Von Kai von Appen

Auf Anregung des parteilosen Justizsenators Klaus Hardraht hat der Hamburger Senat gestern eine Bundesratsinitiative beschlossen, durch die der „Opferschutz“ in Strafprozessen verbessert werden soll. Das Opfer einer Straftat soll in einem anschließenden Strafverfahren gegen den Täter mehr Rechte bekommen.

Nach den Vorstellungen Hardrahts soll dann bereits im Strafverfahren die Möglichkeit bestehen, zivilrechtliche Ansprüche des Opfers zu berücksichtigen. Bislang ging es in einem Strafverfahren primär darum, den Täter zu bestrafen. Erst wenn die Strafe – möglicherweise eine hohe Geldstrafe – und die Prozeßkosten abgegolten waren, kam das Opfer zum Zuge. Oft hat sich in der Realität gezeigt, daß der Täter dann schon längst den Offenbarungseid geleistet hat, also zahlungsunfähig ist, und das Opfer leer ausgeht.

Mit der Änderung der Strafprozeßordnung soll dem Strafgericht die Möglichkeit gegeben werden, Schadensersatzansprüche im Rahmen eines „Wiedergutmachungsvergleichs“ in den Prozeß einzubeziehen. Hardraht: „Der Strafrichter muß die Möglichkeit haben, die zivilrechtliche Abgeltung gleichzeitig mit abzuwickeln.“

Ein weiteres Hauptaugenmerk richtet Hardraht auf die Opfer von Sexualstraftaten (Vergewaltigung, sexuelle Nötigung) – also überwiegend Frauen und Jugendliche – und von versuchten Tötungsdelikten. Ihnen soll künftig – sofern sie sich selbst keinen Anwalt leisten können – im Rahmen der Prozeßkostenhilfe bereits ab dem Vorverfahren generell das Recht eingeräumt werden, eine anwaltliche Vertretung hinzuzuziehen.

Bisher wurde zum Beispiel vergewaltigten Frauen nur dann auf Staatskosten ein Anwalt beigeordnet, wenn die Sach- und Rechtslage kompliziert oder wenn es ihnen nicht zumutbar war, sich selbst in der Nebenklage zu vertreten. Dieses mußten die betroffenen Frauen im Vorwege in einem aufwendigen Frage- und Anwort-Spiel nachweisen. Hardraht: „Das ist für die Opfer nicht zumutbar.“

Zugleich wies Hardraht gestern auch auf die besondere Möglichkeit des Zeugen- und Opferschutzes beim Hamburger Landgericht hin, wo die Justizbehörde ein „Zeugenschutzzimmer“ eingerichtet hat. Diese Einrichtung ziele besonders auf Frauen, die Opfer einer Gewalttat geworden sind und womöglich auf dem Gerichtsflur Angriffen ihres Täters ausgesetzt sind.

In diesem Zeugenschutzzimmer steht eine Sozialpädagogin zur Verfügung, die durch Gesprächsangebote zum Abbau von Ängsten und Spannungen beitragen soll sowie bei der Verarbeitung des Prozeßgeschehens behilflich ist.

„Ich hoffe sehr“, so der Senator, „daß möglichst viele Zeuginnen und Zeugen von diesem Angebot Gebrauch machen werden, weil hierdurch ihrer besonderen psychischen Belastungssituation Rechnung getragen wird und auf diese Weise ein wesentlicher Beitrag für die Wahrheitsfindung in der gerichtlichen Verhandlung geleistet wird.“

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