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Mehr Kosten bei KrankenversicherungErste Kasse erhebt Zusatzbeiträge

Die GBK verlangt als erste Krankenkasse einen Zusatzbeitrag von 8 Euro pro Monat von jedem Versicherten. Seit der Gesundheitsreform müssen klamme Kassen Geld von ihren Mitgliedern eintreiben.

Mehr Geld für selbe Leistung: Versicherte der GBK müssen blechen. Bild: dpa

BERLIN taz | Als erste Krankenkasse in Deutschland erhebt die Gemeinsame Betriebskrankenkasse Köln (GBK) einen Zusatzbeitrag von ihren Versicherten. Rückwirkend zum Juli verlangt die Kasse von ihren rund 30.000 Mitgliedern zusätzlich zum gesetzlich festgelegten Beitragssatz von 14,9 Prozent pro Monat acht Euro. Entsprechende Medienberichte bestätigte GBK-Vorstand Helmut Wasserfuhr am Mittwoch der taz.

Die Entscheidung gilt als bemerkenswert, weil bislang alle 187 gesetzliche Kassen in Deutschland versuchten, die Erhebung von Zusatzbeiträgen zu vermeiden. Sie gelten als massiver Wettbewerbsnachteil. Fordert die Krankenkasse erstmals einen Zusatzbeitrag oder erhöht diesen, haben alle Mitglieder der Kasse ein Sonderkündigungsrecht. Sie können dann zu einem Konkurrenten wechseln, auch wenn sie weniger als die üblichen 18 Monate Mitglied ihrer bisherigen Kasse gewesen sind.

Die GBK rechtfertigte die Erhebung des Zusatzbeitrags: "2005 und 2006 belasteten die Kosten für die Behandlung zweier Bluter massiv unseren Haushalt", sagte Wasserfuhr der taz. Allein deren Behandlung habe pro Jahr 14 Millionen Euro gekostet, dies seien rund zehn Prozent des gesamten Haushalts der Kasse. "Das sind Größenordnungen, die keine kleine Kasse allein tragen kann", erklärte Wasserfuhr.

Zunächst habe der Finanzausgleich zwischen den Betriebskrankenkassen (BKK), der sogenannte Risikopool, Teile der Kosten ausgeglichen. Hinzugekommen sei ein Darlehen des BKK-Landesverbands. Weil nun die Rückzahlung fällig sei, gerate die GBK in die Miesen, sagte Wasserfuhr. Die Kosten für die Schweinegrippe-Impfungen in Höhe von 600.000 Euro kämen hinzu. Letztlich habe der Sanierungsbeirat der Kasse beschlossen, den Zusatzbeitrag zu erheben.

Aus Sicht der Bundesgesundheitsministerin ist die GBK "die einzige von allen, die das bisher auch beantragt hat", sagte Ulla Schmidt. "Dies ist eine kleine Kasse mit besonderen Problemen. Ich hatte nur gehofft, sie findet noch einen Fusionspartner. Vielleicht kommt man ja noch dazu." Die Schweinegrippe ist nach Schmidts Ansicht nicht die Ursache für die Schieflage von Kassen. "Nach unseren bisherigen Unterlagen haben die Kassen das an Überschuss auch in diesem Jahr."

Anders sieht das der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen: "So, wie die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt ist, wäre wohl niemand überrascht, wenn im Laufe des Jahres weitere Krankenkassen Zusatzbeiträge erheben müssten", urteilte Florian Lanz.

Der Sozialverband Deutschland sieht im Zusatzbeitrag eine ungerechte zusätzliche Belastung für Versicherte: "Menschen mit geringem Einkommen zahlen ebenso wie Gutverdiener acht Euro", erklärte Sozialverbands-Präsident Adolf Bauer. "Geringverdiener und Rentner werden damit im Verhältnis zu ihrem Einkommen viel stärker belastet als Gutverdiener."

Als "sozialpolitischen Unsinn" schmähte der gesundheitspolitische Sprecher der Linke-Fraktion, Frank Spieth, das Instrument der Zusatzbeiträge. Davon profitierten "nur die Arbeitgeber, denn Zusatzbeiträge zahlen nur die Versicherten".

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16 Kommentare

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  • J
    Joergauskoeln

    Die Mitglieder der GBK sind Kummer gewöhnt! Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, haben die Mitglieder ab dem 01.01.2009 sogar durch den Gesundheitsfond mit damals 15,5 Prozent Beitragssatz Geld gespart, weil ihr Beitrag davor noch darüber lag. Und das in Zeiten, wo die Krankenversicherung durch den Fond für die meisten Mitglieder teurer wurde. Für mich ist diese Frage interessanter: Wieso braucht die Stadt Köln heute noch eine eigene Krankenkasse? Das haben wir immer so gemacht? Was soll denn aus dem Geschäftsführer werden, wenn die Stadt Köln die GBK auflösen würde?

  • B
    bichette

    die gesundheitsindustrie, in erster linie die arzneihersteller mit ihren milliardenschweren umsaetzen und horrenden ertraegen hat dazu beigetragen, dass die kosten bald ins unertraegliche steigen werden. eine zusaetzliche besteuerung dieser alle rahmen sprengenden ertraege koennte unserem system nur helfen. denn diese gewinne werden unserer volkswirtschaft mutwillig entzogen.

  • K
    Karmencita

    Passauer Neue Presse, 11.6.2009: "Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt geht davon aus, dass die gesetzlichen Krankenkassen im ersten Quartal dieses Jahres Überschüsse von rund einer Milliarde Euro erwirtschaftet haben. Schmidt, sagte der "Passauer Neuen Presse", dass der Gesundheitsfonds angesichts der erwarteten Überschüsse "solide finanziert" sei".

     

    Solide finanziert wohl nur durch Zusatzkosten für die Versicherten. Das Solidarprinzip, AG + AN zahlen gleich, hat sie ja aufgehoben.

    Außerdem haben die Kassen bereits vor Einführung des Gesundheitsfonds von einer unzureichenden Finanzierung gesprochen.

    Nicht zu vergessen, der Einheitsbeitrag von 15,5% zum 1.1. 2009 ist wesentlich mehr, als die Versicherten vorher zahlten. Aus wahltaktischen (Juhuh, wir können die Beiträge senken!)Gründen hat die Regierung den Beitrag zum 1. 7. 2009 auf 14,9% gesenkt, was ebenfalls mehr ist, als vor dem 1.1.

    Bei erwartet steigender Arbeitslosigkeit werden die Zusatzkosten für alle Versicherten steigen. Die Ärztehonorare gingen ja auch um fast 10 % hoch.

  • P
    Pat

    Liebe Leser,

     

    erst nach dem WARUM fragen, und dann schreiben! Diese Krankenkasse hat BEDINGUNGSLOS und ohne Rücksicht auf Kosten, nach dem Solidaritätsprinzip gehandelt. Es wurden 14 Millionen Euro alleine für 2 Mitglieder ausgegeben (Blutermedikamente und Spezialspritzen für 27000 Euro pro Stück). Diese Kosten wären auch bei einer Einheitskasse entstanden. Allerdings wäre es interessant zu wissen, ab welcher Höhe von Kosten man in Deutschland sterben muß. In USA wären die beiden auf jeden Fall schon tot.

  • K
    Kräuter-Catweazle

    Die sofortige Einführung einer Pflicht-Einheitskasse für alle erkämpfen!

    Abschaffung aller Privatkassen, aller Ausnahmen und Hintertürchen!

    Die Einheitskasse für alle sofort.

    Sozialismus lohnt sich und rechnet sich.

  • H
    HRolf

    Die Überschüsse der Kassen, die vor kurzer Zeit noch erzielt wurden - sind diese auf die Mitglieder verteilt worden?

     

    Die Mitglieder sind leider die schwächste Gruppe und werden von keiner Lobby unterstützt. Und wenn Ulla Schmidt - scheiß auf die Dienstwagenaffäre - dann aus dieser Gesundheitspolitik verschwindet - dann gewinnen Gesundheits-Industrie und Ärzte restlos die Oberhand - und die Trottel von Mitgliedern zahlen und zahlen.

  • A
    anke

    Ein Erpresser ist, wer "einen Menschen [...] durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten [...] zu bereichern", besagt § 253 StGB. Leider schränkt der Rechtsstaat sein eigenes Postulat umgehend wieder ein. Rechtswidrig ist die Tat nämlich nur dann, wenn sie zu Unrecht begangen wird. Das deutsche Gesundheits(un)wesen hat eine Rechtsgrundlage. Damit fallen die Pharmaindustrie, die Bundespolitik und die diversen Krankenkassen leider nicht in den Geltungsbereich der §§ 25 bis 27 StGB (Täterschaft, Anstiftung, Beihilfe) und die Forderung des § 255 Strafgesetzbuch läuft ins Leere: "Wird die Erpressung [...] unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen." Schade eigentlich. Schwerer Raub nämlich wird nach § 250 StGB mit nicht unter fünf Jahren in all jenen Fällen bestraft, in denen "der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub [...] eine andere Person durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt." Die absichtliche bzw. fahrlässige Ruinierung des Solidaritäts-Prinzips steht leider überhaupt nicht unter Strafe in diesem Land. Muss man noch fragen, warum das so ist?

  • M
    Marvi

    Toll! Das ist meine Kasse. Super,...Zusatzbeitrag in Zukunft nach oben hin offen?

  • J
    Joergauskoeln

    Die Mitglieder der GBK sind Kummer gewöhnt! Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, haben die Mitglieder ab dem 01.01.2009 sogar durch den Gesundheitsfond mit damals 15,5 Prozent Beitragssatz Geld gespart, weil ihr Beitrag davor noch darüber lag. Und das in Zeiten, wo die Krankenversicherung durch den Fond für die meisten Mitglieder teurer wurde. Für mich ist diese Frage interessanter: Wieso braucht die Stadt Köln heute noch eine eigene Krankenkasse? Das haben wir immer so gemacht? Was soll denn aus dem Geschäftsführer werden, wenn die Stadt Köln die GBK auflösen würde?

  • B
    bichette

    die gesundheitsindustrie, in erster linie die arzneihersteller mit ihren milliardenschweren umsaetzen und horrenden ertraegen hat dazu beigetragen, dass die kosten bald ins unertraegliche steigen werden. eine zusaetzliche besteuerung dieser alle rahmen sprengenden ertraege koennte unserem system nur helfen. denn diese gewinne werden unserer volkswirtschaft mutwillig entzogen.

  • K
    Karmencita

    Passauer Neue Presse, 11.6.2009: "Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt geht davon aus, dass die gesetzlichen Krankenkassen im ersten Quartal dieses Jahres Überschüsse von rund einer Milliarde Euro erwirtschaftet haben. Schmidt, sagte der "Passauer Neuen Presse", dass der Gesundheitsfonds angesichts der erwarteten Überschüsse "solide finanziert" sei".

     

    Solide finanziert wohl nur durch Zusatzkosten für die Versicherten. Das Solidarprinzip, AG + AN zahlen gleich, hat sie ja aufgehoben.

    Außerdem haben die Kassen bereits vor Einführung des Gesundheitsfonds von einer unzureichenden Finanzierung gesprochen.

    Nicht zu vergessen, der Einheitsbeitrag von 15,5% zum 1.1. 2009 ist wesentlich mehr, als die Versicherten vorher zahlten. Aus wahltaktischen (Juhuh, wir können die Beiträge senken!)Gründen hat die Regierung den Beitrag zum 1. 7. 2009 auf 14,9% gesenkt, was ebenfalls mehr ist, als vor dem 1.1.

    Bei erwartet steigender Arbeitslosigkeit werden die Zusatzkosten für alle Versicherten steigen. Die Ärztehonorare gingen ja auch um fast 10 % hoch.

  • P
    Pat

    Liebe Leser,

     

    erst nach dem WARUM fragen, und dann schreiben! Diese Krankenkasse hat BEDINGUNGSLOS und ohne Rücksicht auf Kosten, nach dem Solidaritätsprinzip gehandelt. Es wurden 14 Millionen Euro alleine für 2 Mitglieder ausgegeben (Blutermedikamente und Spezialspritzen für 27000 Euro pro Stück). Diese Kosten wären auch bei einer Einheitskasse entstanden. Allerdings wäre es interessant zu wissen, ab welcher Höhe von Kosten man in Deutschland sterben muß. In USA wären die beiden auf jeden Fall schon tot.

  • K
    Kräuter-Catweazle

    Die sofortige Einführung einer Pflicht-Einheitskasse für alle erkämpfen!

    Abschaffung aller Privatkassen, aller Ausnahmen und Hintertürchen!

    Die Einheitskasse für alle sofort.

    Sozialismus lohnt sich und rechnet sich.

  • H
    HRolf

    Die Überschüsse der Kassen, die vor kurzer Zeit noch erzielt wurden - sind diese auf die Mitglieder verteilt worden?

     

    Die Mitglieder sind leider die schwächste Gruppe und werden von keiner Lobby unterstützt. Und wenn Ulla Schmidt - scheiß auf die Dienstwagenaffäre - dann aus dieser Gesundheitspolitik verschwindet - dann gewinnen Gesundheits-Industrie und Ärzte restlos die Oberhand - und die Trottel von Mitgliedern zahlen und zahlen.

  • A
    anke

    Ein Erpresser ist, wer "einen Menschen [...] durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten [...] zu bereichern", besagt § 253 StGB. Leider schränkt der Rechtsstaat sein eigenes Postulat umgehend wieder ein. Rechtswidrig ist die Tat nämlich nur dann, wenn sie zu Unrecht begangen wird. Das deutsche Gesundheits(un)wesen hat eine Rechtsgrundlage. Damit fallen die Pharmaindustrie, die Bundespolitik und die diversen Krankenkassen leider nicht in den Geltungsbereich der §§ 25 bis 27 StGB (Täterschaft, Anstiftung, Beihilfe) und die Forderung des § 255 Strafgesetzbuch läuft ins Leere: "Wird die Erpressung [...] unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen." Schade eigentlich. Schwerer Raub nämlich wird nach § 250 StGB mit nicht unter fünf Jahren in all jenen Fällen bestraft, in denen "der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub [...] eine andere Person durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt." Die absichtliche bzw. fahrlässige Ruinierung des Solidaritäts-Prinzips steht leider überhaupt nicht unter Strafe in diesem Land. Muss man noch fragen, warum das so ist?

  • M
    Marvi

    Toll! Das ist meine Kasse. Super,...Zusatzbeitrag in Zukunft nach oben hin offen?