piwik no script img

Mehr Industrieforschung an Unis in Bayern

■ GEW kritisiert Entwurf des Bayerischen Hochschulgesetzes Drittmittelforschung nicht mehr genehmigungspflichtig

München (taz) - „Dieser Entwurf liefert die Hochschulen noch mehr reaktionären Eliten aus und ist geeignet, sie zu Unterabteilungen der Industrie umzufunktionieren“, erklärte gestern der Landesvorsitzende der bayerischen GEW, Peter Kurz, auf einer Pressekonferenz in München. Den neuen Entwurf des bayerischen Hochschulgesetzes hatte der vor wenigen Monaten zum bayerischen Wissenschaftsminister gekürte Professor Wolfgang Wild vor der Öffentlichkeit bisher geheimgehalten. Nur den Hochschulpräsidenten war der Entwurf vertraulich zugestellt worden. In der Novellierung ist vorgesehen, daß im Bereich der Drittmittelforschung die letzten demokratischen Kontrollmöglichkeiten beseitigt werden. Die von der Industrie finanziell unterstützte Forschung soll weder genehmigungspflichtig sein, noch wird eine Veröffentlichung der Forschungsergebnisse verlangt. Aus diesem Grund befürchtet der Bundesstudentensprecher Boris Hillmann, daß damit hauptsächlich die Einzelinteressen eines Unternehmens durchgesetzt werden und damit auch Rüstungsforschungsprojekte möglich sind. Die Drittmittelforschung wird somit immer mehr zum Ersatz für die staatliche Ausstattung der Hochschulen. Außerdem fehlen in dem Entwurf Frauenförderpläne oder die Stelle einer Frauenbeauftragten, um die Benachteiligung von Frauen an Hochschulen zu beheben. Stattdessen ist die Rede davon, daß eine Benachteiligung von Wissenschaftlerinnen ohnehin nicht zu beweisen sei. „An der Münchner Uni wurde zwischen 1975 und 1985 kein qualifizierter Lehrstuhl an eine Frau vergeben, und an der Würzburger Fachhochschule für Sozialwesen gibt es keine einzige Professorin“, stellte GEW–Landessprecherin Desiree Schleger dagegen fest. Neben der rigiden Festlegung von Regelstudienzeiten kritisierte die GEW außerdem die Einrichtung von Sonderstudiengängen als asoziales Elitekonzept. Die ohnehin schon sehr eingeschränkte studentische Selbstverwaltung soll durch eine veschärfte Finanzkontrolle der Hochschulleitungen weiter beschnitten werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen