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Mehr Handel statt CIA

Israelis und Palästinenser könnten friedlicher leben, wenn sie mehr handeln, glaubt US-Handelsminister Daley  ■ Von Peter Tautfest

Washington (taz) – „In New York würde eine derartige Frage vom Assistenten eines stellvertretenden Abteilungsleiters der Stadtverwaltung entschieden werden“, mokiert sich US-Handelsminister William Daley, der Bill Clinton auf seiner Reise nach Israel und Palästina begleitet. „In Jerusalem aber saßen auf meine Einladung jordanische, israelische und palästinensische Kabinettsmitglieder zusammen, die sich seit zwei Jahren nicht gesehen hatten.“ Verhandlungsgegenstand der von Daley vermittelten Gespräche waren die Öffnungszeiten der Allenby/ King Hussein Bridge, die Jordanien mit dem Westjordanland verbindet.

„Es ist traurig zu sagen, aber Jordanien kann heute leichter Waren nach Frankreich als ins Westjordanland verkaufen, Israel unkomplizierter mit Großbritannien Handel treiben als mit dem benachbarten Jordanien. Ohne Handel und Austausch aber kann es keinen Frieden geben“, sagt Daley. Diese Message bringt er den Israelis und Palästinensern mit. „Als ich das letzte Mal Arafat in Gaza besuchte“, erzählt er, „war sein Büro über und über mit Blumen geschmückt. Eigentlich seien sie für den Export bestimmt, erklärte mir Arafat, aber wenn er sie nicht dort aufstellte, würden sie verrotten, weil Israel deren Ausfuhr nicht genehmigt.“

Seit dem Friedensabkommen von Oslo ist es mit Palästinas Wirtschaft bergab gegangen. Nach übereinstimmenden Zahlen vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und dem US-Handelsministerium sank das Bruttosozialprodukt der palästinensischen Gebiete um 40 Prozent. Arbeiteten 1993 noch 116.000 Palästinenser in Israel, sind es jetzt nur noch 40.000. Entsprechend beträgt die Arbeitslosigkeit in den palästinensischen Gebieten heute 35 bis 40 Prozent (in Israel 9 Prozent). Israel hat ein Bruttoinlandsprodukt von 100 Milliarden Dollar, Palästina eines von 3,5 Milliarden. Das Pro-Kopf- Einkommen beträgt in Israel 17.000 Dollar pro Jahr, in Palästina gerade mal 1.000 Dollar.

„Dabei könnte Palästina für amerikanische und europäische Investitionen so attraktiv sein“, schwärmt Khalil Foutah, PLO- Sprecher in Washington. „Wir haben billige Arbeitskräfte, die in Israel oder durch israelische Fremdaufträge an uns bestens ausgebildet sind. Warum stecken Investoren ihr Geld nicht gleich in palästinensische Betriebe, statt ihre Aufträge an Israel zu vergeben, die uns dann als Subunternehmer anheuern?“ Die Antwort könnte er sich bei Zaahi Khuri, einem amerikanisch-palästinensischen Fabrikanten aus New York abholen, der große Investitionspläne hatte, aber angesichts der israelischen Politik und der Rechtsunsicherheit in Palästina zurückschreckte. „Die einzigen Investitionen, die sich in Palästina allenfalls lohnen würden, sind Klein- und Kleinstbetriebe, deren Fertigung nicht termingebunden ist und deren Verkauf keinen Grenzverkehr voraussetzt“, sagt Peter Gubser vom American Near East Refugee Aid. „Dazu gehören High-Tech-Betriebe und die Herstellung von Software, die übers Internet vertrieben werden kann. Da gibt es ein bedeutsames Potential wegen der guten Ausbildung vieler Palästinenser und der vielen weltweit verstreuten palästinensischen Unternehmer.“

Das Problem ist nicht auf das Verhältnis von Israel und Palästina beschränkt. William Daley rechnet vor, daß nur 7 Prozent des nahöstlichen Handels im Nahen Osten selbst stattfindet, verglichen mit zwei Dritteln des europäischen Außenhandels, der in Europa stattfindet. „Die Amerikaner sollen sich an die eigene Nase fassen“, sagt dazu Raschid Khalidi, Direktor der Abteilung für Nahöstliche Studien an der University of Chicago. „Amerika hat nie viel für die Entwicklung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im Nahen Osten getan. Wir haben alles nur unter dem Gesichtspunkt der Sicherheitspolitik gesehen und eher die CIA als das Handels- oder Wirtschaftsministerium mit Vermittlungsaufgaben beauftragt.“ Die Vereinigten Staaten müssen Israel und die PLO gleichermaßen unter Druck setzen: „Clinton muß den Israelis mal deutlich vor Augen führen, daß sie mit ihren Grenzschließungen und ihrer Politik die wirtschaftliche Entwicklung hemmen.“

So ähnlich sagt es William Daley auch: „Wenn Palästinenser mehr Jobs und Hoffnung hätten, würden sie sich nicht in den Straßen zusammenrotten und Unruhe stiften. In unseren Städten ist auch in den letzten fünf Jahren mit dem wirtschaftlichen Aufschwung die Gewaltkriminalität zurückgegangen.“ Derselbe Effekt ließe sich in Palästina erzeugen, glaubt Daley. Raschid Khalidi hält das für einen gewagten Vergleich. „Aber für ein amerikanisches Regierungsmitglied ist das eine bemerkenswerte Äußerung mit einer sehr deutlichen Message an Israel – und an Palästina.“ Beide Seiten müßten Voraussetzungen für profitable Investitionen und für den freien Verkehr von Menschen, Waren und Kapital schaffen.

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