Mehr Geld für Straßen: Wirtschaftslobby in der Sackgasse
Der ADAC und die Wirtschaftskammern fordern Millionen Euro für den Bau neuer Straßen. Die A 100 sei ein Muss und Radfahrer vor allem ein Übel: Sie sollten auf Seitenstraßen abgedrängt werden.
Wirtschafts- und Autolobbyisten haben den Senat zu Millioneninvestitionen in den Straßenbau aufgefordert. "Wir brauchen mehr Geld für die Infrastruktur", sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK), Christian Wiesenhütter, am Donnerstag. Der Ringschluss der A 100 sei ein Muss, ebenso die Tangentialverbindung Ost, die Marzahn mit Köpenick verbinden soll. Außerdem müsse die Verwaltung den steigenden Pendlerzahlen vom Umland in die Stadt gerecht werden, so Wiesenhütter. Gemeinsam mit dem regionalen ADAC und der Handwerkskammer plädierte er dafür, den Bedürfnissen von Autofahrern auch künftig Rechnung zu zollen.
"Für eine lebenswerte Stadt brauchen wir ein vernünftiges Straßennetz", bekräftigte das ADAC-Vorstandsmitglied für Verkehr, Dorette König. Auch Autofahren zähle zur Lebensqualität. "Prinzipiell unterstützen wir das Leitbild der umweltgerechten Stadt", sagte König. Der ADAC wehrt sich allerdings dagegen, dass Autofahrern Raum genommen wird: So ist der Lenkrad-Club gegen die weitere Ausweisung von Fahrradstreifen. Ansonsten würde Autos 50 Prozent des Straßenraums genommen. Besser sei daher eine räumliche Trennung, so König. Radfahrer sollten auf ausgewiesenen Fahrradstraßen fahren.
Auch weitergehende Prämissen von ADAC und Kammern richten sich nach den Bedürfnissen des motorisierten Verkehrs: So solle Investoren nicht vorgeschrieben werden, wie viele Autostellplätze auf einem Grundstück vorgesehen werden. Innerstädtische Straßen dürften nur verengt werden, wenn zugleich der Ringverkehr verbessert und neue Verbindungsstraßen gebaut würden. Lieferanten und Handwerker sollten leichter Sondergenehmigungen für die Umweltzone und für Viertel mit Parkraumbewirtschaftung erhalten.
Finanziert werden sollen die Vorstellungen der Wirtschaft durch eine andere Prioritätensetzung. "Wir sollten auf den Rückbau der Leipziger Straße verzichten", sagte Wiesenhütter. Damit spare das Land schon einmal 35 Millionen Euro. Außerdem drängte er Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) zu offensiveren Verhandlungen mit dem Bund. "Die Pendlerzahlen steigen weiter, wir werden wachsende Verkehrsströme in die Stadt haben", so der IHK-Geschäftsführer. "Da müssen wir beim Bund nachhaken."
Die Lobbyisten hatten zuvor mit dem Senat über einen neuen Stadtentwicklungsplan (Step) Verkehr diskutiert. Die Verwaltung stellte einen Entwurf vor einigen Wochen vor; darin hatten die Wirtschafts-Forderungen wenig Widerhall gefunden. Während ADAC-Vorstandsmitglied König auf weitere Gespräche hofft, reagierte die Verkehrsverwaltung gelassen.Wer den Step Verkehr richtig lese, wisse, dass die Forderungen der IHK auf unrichtigen Annahmen beruhen, erklärte Sprecher Mathias Gille. "Weder stimmen die Annahmen zum Radwegenetz noch die Behauptung, wir wollten mehr Tempo 30."
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