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Mehr Barrierefreiheit bei der BahnMit dem Rollstuhl in den Zug

Die Bahn feiert 2.100 barrierefreie Bahnhöfe. Weitere Modernisierungen sind geplant – wenn der Bahnhof nur groß genug ist. Der Fahrgastverband Pro-Bahn jedoch fordert mehr.

Bahnchef Grube in einem von 2.100 barrierefreien Bahnhöfen. Bild: reuters

MÜNCHEN dapd | Die Deutsche Bahn will in diesem Jahr zusammen mit Bund und Ländern 800 Millionen Euro in die Modernisierung ihrer Bahnhöfe stecken. Ziel sei es, möglichst bald "auf allen Bahnhöfen mit mehr als 1.000 Reisenden pro Tag einen stufenfreien Zugang zu schaffen", sagte Bahn-Chef Rüdiger Grube der Süddeutschen Zeitung.

Nach und nach sollten die Bahnhöfe mit modernen Rolltreppen und Aufzügen ausgestattet werden. Derzeit sind fast drei Viertel der Bahnhöfe stufenfrei. Zudem solle bis Anfang 2014 die Mehrzahl der Reisenden an den Bahnhöfen "vor Wind und Wetter geschützt sein", sagte Grube. Bis zum Jahr 2017 will er alle Stationen mit mehr als 50 Reisenden pro Tag mit elektronischen Schriftanzeigen ausstatten.

An diesem Dienstag feiert Grube zusammen mit Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) in Nürnberg den Abschluss des Konjunkturprogramms, mit dem die Bahn in den vergangenen zweieinhalb Jahren deutschlandweit 2.100 Bahnhöfe modernisieren konnte.

Pro-Bahn fordert flächendeckende Verbesserungen

Insgesamt standen 352 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung, um Aufzüge und Rolltreppen einzubauen, Bahnsteigdächer zu sanieren, Unterführungen besser zu beleuchten sowie 2.800 elektronische Schriftanzeigen anzubringen. Die Maßnahmen würden "das Reisen mit der Bahn auf Jahre hinaus angenehmer machen", sagte Ramsauer der Zeitung.

Der Fahrgastverband Pro Bahn forderte Bund und Deutsche Bahn derweil auf, die Bahnhöfe weiter zu modernisieren. "Es darf nicht nachgelassen werden", sagte der Bundesvorsitzende Karl-Peter Naumann der Saarbrücker Zeitung. Trotz des erfolgreichen Sonderprogramms zur Bahnhofsmodernisierung fehlten flächendeckende Verbesserungen für die Reisenden. Insbesondere in Ostdeutschland und in den Grenzregionen herrsche nach wie vor erheblicher Modernisierungsbedarf.

Zugleich fordert der Vorsitzende von Pro Bahn, verstärkt nach Modellen zu suchen, wie nicht mehr benötigte Bahnhofsgebäude erfolgreich privatisiert werden könnten. Die Bahn dürfe beim Verkauf an Interessenten keine "abenteuerlichen Preise" verlangen, sagte Naumann.

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7 Kommentare

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  • A
    Anmelderin

    Nicht zu vergessen, was die taz NICHT recherchiert und demzufolge VERSCHWIEGEN hat:

    Die DB AG nötigt Reisende mit Behinderung, die so genannte Einstiegshilfe ZWEI TAGE vorher ANZUMELDEN.

    Bei der Anmeldung werden höchst sensible Gesundheits- und Sozialdaten abgefragt, die ich nicht rausrücke. Außerdem werden die Gesundheits- und Sozialdaten beliebig lange bei der DB AG gespeichert; Persönlichkeitsprofile werden also demnach von der DB AG erstellt; auch meines. Leider haben bisher die Datenschutzbeauftragten auf Bund- und Bundesländer-Ebene hierzu abgewiegelt; dem Gesundheits- und Sozialdatenschutz von Behinderten und der Wahrung des Gesundheits- und Sozialdatenschutz' vopn Behinderten wird offensichtlich kein oder nur geringes Interesse und keine und nur geringe Wichtigkeit beigemessen. 'Vielen Dank auch!'

  • R
    rolff

    An "von Rollinutzerin"

    Danke noch für den Hinweis im dritten Anbsatz.

    Barrierefreiheit nützt allen: Fahrgästen mit Kinderwagen, allen mit Einschränkungen in ihrer Beweglichkeit von Blinden bis zu alten Menschen und eben auch den Rollstuhlfahrern.

    Schluß mit der Heuchelei durch Kosmetik und Schluß mit "Architektenpfürzen" die nur im Modell hübsch anzusehen sind.

  • R
    rolff

    Es genügt nicht einen Bahnhof dadurch als "barrierefrei" zu deklarieren, nur weil Rolltreppen eingebaut sind. Lifte zählen bitte auch nur wenn sie 1. gut erreichbar sind (nicht irgendwo versteckt und eher als Lastenlift gedacht; 2. regelmäßig gewartetet werden (Der schönste Lift nützt nichts, wenn er ständig außer Betrieb ist)und 3. Müssen alle Bereiche vom Eingang über die Servicebereiche bis hin zu jedem Bahnsteig barrierefrei erreichbar sein.

    Da bin ich schon jetzt auf "Stuttgart 21" gespannt.

    Ich wette, diese Anforderungen erfüllt so gut wie kein "barrierefreier" Bahnhof.

  • R
    Rollinutzerin

    Erstens legt die UN-Behindertenrechtskonvention die Weichen. Das heisst, selbstverständlich haben Menschen mit Behinderungen ein Recht auf Zugänglichkeit zu öffentlichen Verkehrsmitteln (Art. 9 UN-BRK).

     

    Zweitens entspricht es nicht unserer Lebenswirklichkeit, dass wir lediglich in Ballungszentren leben.Somit muss auch der Zugang in Kleinstädten gewährt sein.

     

    Drittens nutzen barrierefreie Bahnhöfe nur dann, wenn auch das (eingewiesene!) Personal da ist, um die Zugänglichkeit der Züge zu gewährleisten.

     

    In Baden-Württemberg haben wir zum Beispiel den Fall, dass ZugbegleiterInnen von REs, mit Hinweis auf die Kosten, nicht in die Funktion der Fahrzeuggebundenen Einstiegshilfen eingewiesen werden und es daher unmöglich ist, diese teuer eingebauten Hilfen nutzen zu können. Das halte ich schlicht für Diskriminierung und Steuerverschwendung!

     

    Was immer wieder vergessen wird, ist, dass Barrierefreiheit nicht der Wunsch einzelner weniger Leute ist. Denn nicht nur, dass Menschen mit Behinderungen zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen, wir also viele sind, obendrein nutzt Barrierefreiheit jedem Menschen.

     

    Alter ist keine Behinderung und trotzdem kann es alten Menschen sehr helfen, keine Treppen mehr hochzumüssen, um eilig auf einen Zug zu kommen - erst Recht mit Gepäck. Menschen mit Kinderwagen, welche, die sich das Bein gebrochen haben, oder einfach nur schweres Gepäck mitschleppen, sie alle profitieren davon.

     

    Und nicht zuletzt, Barrierefreiheit ist Teil des Services, den eine Bahn haben sollte. Denn sie hat den staatlichen Auftrag Menschen von A nach B zu befördern. Und wir finanzieren das Unternehmen doppelt: als SteuerzahlerInnen und als FahrkartenkäuferInnen!

  • A
    agnes

    Soweit, so... Nun ja. Es wäre wünschenswert, dass die Bahn vielleicht auch mal daran denkt, dass nicht alle Menschen sich auf einem Gerüst aus Glas und Stahl wohlfühlen. Die in letzter Zeit vorgenommenen Um- und Neubauten jedenfalls stellen (nicht nur) mich vor enorme Schwierigkeiten. Den hochgejubelten neuen Berliner Hauptbahnhof kann ich mit meiner Höhenangst nicht nutzen, ebenso wenig beispielsweise das Ostkreuz im aktualisierten Zustand. Vielleicht auch da mal drüber nachdenken.

  • F
    Frank

    Was für eine Heuchelei - das glaubt doch kein Schw... In Wahrheit werden Strecken stillgelegt und in Stuttgart ist sein Name Programm. Dort wird es Menschen mit Handicap zukünftig richtig schwer gemacht selbständig Bahn zu fahren - und nebenbei werden doch die Finanzmittel in einem Schwachsinns-Prestigeobjekt gebunden.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Barrierefreiheit sollte Wirklichkeit werden

    Menschen mit einem Handicap haben trotz Diskriminierungsverbot und ratifizierter UN-Behindertenrechtskonvention es nicht leicht in Deutschland.

    Barrierefreiheit ist nicht überall ersicht-und erfahrbar!Dies sollte es aber nach der UN-Behindertenrechtskonvention sein.Auch was den öffentlichen Verkehr,hier die DB betrifft.