Meduza-Auswahl 18.–24. Dezember: Immer mehr Urteile wegen Spionage und Hochverrat
Im Jahr 2025 wurden in Russland so viele Menschen wie noch nie unter diesen Vorwürfen inhaftiert. Darunter sind auch viele Ukrainerinnen und Ukrainer.
Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.
In der Zeit vom 18. bis 24. Dezember 2025 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:
Über 1.000 Menschen wegen Hochverrat verurteilt
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben russische Gerichte laut einer neuen Studie des Analysten Kirill Parubets für die Menschenrechtsorganisation Department One mehr als 1.000 Personen wegen Hochverrats und Spionage verurteilt. Allein im Jahr 2025 fällten Gerichte 468 solcher Urteile – die höchste Jahreszahl seit 1997, als das derzeitige Strafgesetzbuch Russlands in Kraft trat. Meduza teilt die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Bericht auf Englisch.
Die Geheimhaltung in diesen Verfahren erschwert es Forschern, den Inhalt der Anschuldigungen zu ermitteln. Auch grundlegende Informationen über die Angeklagten – etwa ihre Identität und ihr Haftort – sind kaum zugänglich.
Die größte Gruppe der Angeklagten in Spionage- und Hochverratsverfahren besteht aus russischen Staatsbürgern ohne erkennbare Verbindungen zu politischen Aktivitäten. Die zweitgrößte Gruppe umfasst ukrainische Staatsbürger, vor allem Bewohner der besetzten Gebiete. Die dritte Gruppe umfasst Kriegsgegner und Bürgerrechtler, sowie Mitglieder der akademischen Gemeinschaft.
Aus der US-Abschiebehaft zurück nach Russland
Anfang Dezember landete in Moskau ein Flugzeug mit 64 aus den Vereinigten Staaten abgeschobenen Russen. Alle hatten in den USA politisches Asyl beantragt und angegeben, in ihrer Heimat verfolgt zu werden. Nach der Landung wurden den Männern Vorladungen zum Militärdienst ausgehändigt. Einige wurden gleich zur Befragung mitgenommen. Es war der mindestens dritte Flug dieser Art in diesem Jahr – und für 2026 werden weitere erwartet.
Meduza sprach mit Dmitry Valuev, Präsident von Russian America for Democracy in Russia, über das Leben in Haft in den USA, was die Abgeschobenen in ihrer Heimat erwartet – und warum sie überhaupt ausgewiesen werden (englischer Text).
Er erzählt unter anderem: Einwanderungsbehörden trennte Familien häufig, wenn sie diese in Haft nähmen. So könne ein Mann nach Kalifornien gebracht werden, während seine Ehefrau nach Louisiana geschickt werde. Ihre Einwanderungsverfahren würden anschließend getrennt geführt. Das verursache erhebliche Schwierigkeiten verursache.
Auch die Staatsbürokratie braucht das Internat
Russische Beamte klagen über die Abschaltung des mobilen Internets und die Sperrung von Messaging-Apps im Land. Die Ausfälle beeinträchtigen nicht nur ihre tägliche Arbeit – sondern unterbrechen auch die Kommunikationskanäle, über die regionale Verwaltungen miteinander kommunizieren und die öffentliche Stimmung beobachten.
Der Kreml drängt Russinnen und Russen dazu, den vom Staat entwickelten Messenger Max zu nutzen. Außerdem könnte bald eine vollständige Sperrung von Telegram bevorstehen. Der Meduza-Sonderkorrespondent Andrey Pertsev berichtet auf Englisch: Wie wirkt sich die Informationssperre Russlands auf die eigene Bürokratie im Land aus?
Ende November wurde in der russischen Region Belgorod erstmals der mobile Internetzugang gesperrt. Die Sperrung kam selbst für die Regionalverwaltung überraschend. Gouverneur Vyacheslav Gladkov schrieb auf Telegram: „Natürlich geschah dies aus Sicherheitsgründen. Andererseits stört dies jedoch einen Teil der Kommunikationsinfrastruktur, auf die wir hier in der Region Belgorod angewiesen sind, vor allem für Warnmeldungen und andere Sicherheitsfunktionen.“
Wie Meduza-Leser in Russland das Internet nutzen
Am 9. Dezember hat Meduza eine Umfrage unter seinen russischen Lesern gestartet, um herauszufinden, wie diese das Internet derzeit nutzen. Die Ergebnisse veröffentlich das Exilmedium auf Russisch.
Meduza interessierten unter anderem die Eindrücke der Nutzer von Shutdowns, die Blockierung von Anrufen in Messengern, und auch russische Alternativen zu westlichen Sozialen Netzwerken. Mehrere Tausend Leser von Meduza kommen aus Russland. Mehr als die Hälfte von ihnen ist zwischen 25 und 44 Jahre alt. Sechzig Prozent leben in Großstädten, ein großer Teil von ihnen in Moskau.
Über 90 Prozent der Meduza-Leser nutzen einen VPN-Dienst, die Mehrheit – 64 Prozent von ihnen – kostenpflichtige Anwendungen. Fast die Hälfte der Befragten nutzen VPN-Dienste in erster Linie, um Videos auf YouTube anzusehen.
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