■ Berliner Telegramm: Mediziner sollen häusliche Gewalt registrieren
Eine stärkere Sensibilisierung für die Opfer häuslicher Gewalt ist nach Ansicht von Experten im medizinischen Bereich gefordert. Selbst bei schwer mißhandelten Frauen werde die Ursache der Verletzungen oft nicht erkannt und damit keine adäquate Behandlung angeboten, wurde gestern bei einer Anhörung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus betont. Das Thema müsse deshalb endlich Eingang in die medizinische Ausbildung und in die Forschung finden. Ärzte, Krankenpfleger und anderes medizinisches Personal wiesen noch immer ein großes Informationsdefizit bei häuslicher Gewalt auf, kritisierte Krankenschwester Gisela Gut aus dem Amt für Frauen, Schöneberg. Nach Angaben der Grünen- abgeordneten Ingrid Lottenburger wurden von dem vor einem Jahr eingerichteten Berliner Sonderdezernat zur Bekämpfung häuslicher Gewalt bisher 3.600 Verfahren eingeleitet. Allerdings komme es wegen mangelnder Aussagebereitschaft der Opfer oder unzureichender Beweislage nur in 40 Prozent der Fälle zur Anklage. Angesichts einer großen Dunkelziffer – geschätzt wird das Zehn- bis 20fache – sei jährlich allein in Berlin mit 41.000 bis 82.000 Gewaltfällen zu rechnen. ADN
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