Medien und die Geschlechter: Angela Merkel ist "einsame Spitze"

Wenn es um Politik oder Wirtschaft geht, berichten Medien über Männer - und die Kanzlerin. Renate Künast bezweifelt Merkels Rolle als Frau. Sie sei "seltsam geschlechtslos".

Die große Außnahme: Bundeskanzlerin Merkel behauptet sich auf den Titelseiten gegen männliche Konkurrenz. Bild: taz

Welche Rolle spielen Frauen in Führungspositionen in der Medienberichterstattung? Wo liegen die Unterschiede in der Darstellung der Geschlechter? Das Forschungsprojekt "Spitzenfrauen im Fokus der Medien" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wollte es wissen. Seine gestern in Berlin vorgestellten Ergebnisse sind allerdings wenig überraschend.

Der Studie zufolge sind Frauen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft nur zu 17 Prozent in den deutschen Medien vertreten - der Rest gehört den Männern. Ein echter Problemfall in Sachen Präsenz ist jedoch das Thema Wirtschaft - hier sind nur noch 5 Prozent Protagonistinnen.

Aus diesem Bild heraus fallen allerdings schon immer Spitzenpolitikerinnen: Beinahe jede dritte bundespolitische Führungskraft, die in den untersuchten Artikeln oder Fernsehbeiträgen erwähnt wurde, ist eine Frau. Die Erklärung, alles liege daran, dass diese Frau ganz oft Angela Merkel heiße, greift aber zu kurz: "Die Omnipräsenz der Bundeskanzlerin führt lediglich zu einem vergleichsweise geringen Anstieg von 2 Prozent in der Häufigkeit der Darstellung von Politikerinnen", sagt Margreth Lünenborg. Fazit der Kommunikationswissenschaftlerin von der FU Berlin, die das Projekt zusammen mit Jutta Röser von der Universität Lüneburg geleitet hat: Insgesamt werden Frauen in der Politik als kompetente und handlungsmächtige Personen dargestellt, ihren Exotinnen-Status sind sie jedoch bis heute nicht losgeworden.

Allerdings: Ob Männer und Frauen in Bezug auf ihr tatsächliches "Vorkommen" auf Spitzenpositionen medial tatsächlich über- oder unterrepräsentiert sind, geht aus den Ergebnissen der Studie nicht klar hervor, da sich keine Angaben zur sogenannten Realverteilung finden.

In der anschließenden Diskussionsrunde bezweifelte auch die grüne Bundestagsfraktionsvorsitzende Renate Künast Merkels Rolle als Frau: "Wenn du erst einmal Kanzlerin geworden bist, steckt keine Aussage mehr dahinter, dass du als Frau in den Medien genannt wirst." Und Merkel stelle sich doch, so Künast, "seltsam geschlechtslos" dar. Zumal wohl auch parteipolitische Aspekte eine Rolle spielen: Wenn eine grüne Politikerin Kita-Plätze fordere, sei das für die Medien kalter Kaffee, komme der Vorschlag aus der konservativen Ecke, sei das ein Aufreger.

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