Mediaspree: Investoren baggern das Spreeufer an
In vier Wochen soll das erste Bauprojekt am Friedrichshainer Spreeufer gestartet werden. Neuer Zusammenschluss der Investoren hält den Bürgerentscheid gegen Neubauten rechtlich für folgenlos. Bezirksbürgermeister widerspricht heftig.
Eine Woche nach dem Bürgerentscheid bringen sich die Kontrahenten jetzt in Stellung: Die Mediaspree-Investoren wollen mit einer neuen Interessengemeinschaft den Baubeginn an der Spree beschleunigen. Der Senat ist dabei ihr Wunschpartner. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erteilt jedoch einer Übernahme der Planungsverantwortung in dem Gebiet durch den Senat eine Absage: "Wir werden dem Bezirk nicht den Gefallen tun, die Sache an uns zu ziehen", sagt Wowereit. Die Bezirkspolitiker bereiten derweil einen Sonderausschuss und einen Beschluss in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zur Umsetzung des Bürgerentscheids vor.
Bei dem Bürgerentscheid am 13. Juli hatten sich 86,8 Prozent der Wähler gegen die weitere Bebauung der Spreeufer in Friedrichsain-Kreuzberg ausgesprochen. Zwar hatten nur 19,1 Prozent der Wahlberechtigten des Bezirks abgestimmt. Ein Bürgerentscheid ist aber schon ab 15 Prozent Wahlbeteiligung gültig.
"Es kann nicht sein, dass eine kleine Minderheit der Berliner Bevölkerung ein Projekt verhindert, von dem ganz Berlin profitiert", erklärt der Chef der Modefirma Labels Berlin, Stefan Sihler. Er ist seit Freitag Sprecher einer Gruppe von zwölf Firmen, am Spreeufer investieren wollen und von dem Bürgerentscheid betroffen sind. Sihler sagt, er habe eine bestandskräftige Baugenehmigung und wolle an den Neubauplänen am Osthafen festhalten. In vier Wochen solle der erste Spatenstich stattfinden. "Ich werde dafür zwar als undemokratisches Schwein beschimpft, aber nach meinem Politikverständnis bedeutet Demokratie immer noch, dass sich der Mehrheitswille und nicht eine Minderheit durchsetzt", begründet er seine Haltung.
So weit entwickelt wie die Vorhaben der Firma Labels sind die meisten anderen Projekte der neuen Interessengemeinschaft allerdings noch nicht. Bei einigen Projekten, wie dem geplanten Neuen Spreespeicher, laufen die Baugenehmigungen bald aus. Für andere gibt es zwar einen Bebauungsplan, aber noch keine Baugenehmigung. Bei einer vierte Gruppe fehlt selbst der Bebauungsplan.
Sihlers Anwalt, Klaus-Martin Groth, geht davon aus, dass der Bürgerentscheid überhaupt nicht so umgesetzt werden könne, weil er gegen das Bundesbaurecht verstoße. Demnach müssten die unterschiedlichen Belange der Betroffenen einer Bauentscheidung in einem einmaligen Verfahren abgewogen werden. Dies sei bereits passiert, so Groth.
Dieser Ansicht widerspricht der Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne) scharf. "Wenn Herr Groth so argumentiert, dann ist das unter seinem fachlichen Niveau", sagt Schulz. Die Kommune könne jederzeit die Bebauungspläne wieder ändern, das hätten Rechtsexperten in anderen Fällen erst kürzlich wieder bestätigt. Der Bürgerentscheid sei grundsätzlich in jedem Planungsstadium umsetzbar, nur der Umfang des Schadensersatzes, der geltend gemacht werden kann ändere sich, erklärt der Bezirkspolitiker weiter.
Auch wenn Schulz froh ist, die Planungshoheit nicht an den Senat zu verlieren: in Bezug auf die Entschädigungszahlungen sieht er den Senat in der Pflicht - zumindest bei den landeseigenen Grundstücken. "Derjenige, der die rechtlichen Voraussetzungen für einen Bürgerentscheid schafft, muss auch für die Folgen gerade stehen," erklärt Schulz, gerichtet an die Adresse des Senats.
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