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Meckel zwischen Ost und West

■ Warschauer Vertrag ungeklärt / Markus Meckel will Sicherheitsinteressen der UdSSR berücksichtigen

Berlin (taz) - Die DDR-Außenpolitik werde „den spezifischen Erfahrungshorizont und die geographischen und geschichtlichen Bedingungen der DDR in den Vereinigungsprozeß einbringen“, sagte Außenminister Markus Meckel gestern. Wie die Rede Vaclav Havels in Straßburg gezeigt habe, kämen die heutigen Regierungen Osteuropas aus einem „gemeinsamen geistigen Klima“, dem der Opposition, und teilten einen „gemeinsamen geistigen Horizont“.

Beim Prozeß der Vereinigung beider deutscher Staaten müßten auch die Sicherheitsinteressen des Ostens gebührend berücksichtigt werden. Dazu gehört aus Sicht der DDR -Regierung, daß die polnische Westgrenze entsprechend den Vorschlägen Polens vertraglich anerkannt wird.

Meckel meinte zu diesem Punkt außerdem, daß es „fatal“ wäre, wenn Deutschland durch die vier Siegermächte gezwungen werden müßte, diese Grenze anzuerkennen. Hinsichtlich der Vier-plus-zwei-Verhandlungen wiederholte Meckel die Ablehnung des Schewardnadse-Vorschlages, innere und äußere Aspekte der Vereinigung getrennt zu behandeln. Die Sicherheitsinteressen der UdSSR müßten dennoch respektiert werden, bis ein gesamteuropäisches Sicherheitssystem besteht. Für den DDR-Außenminister gehört dazu eine Änderung der geltenden Doktrin und der Bewaffung der Nato. Hinsichtlich tatsächlicher Veränderungen in diesem Bündnis, dem das künftige vereinigte Deutschland angehören werde, behauptete Meckel optimistisch zu sein. Zugleich erklärte er aber, daß zu seinen „Befürchtungen“ gehöre, daß es statt tatsächlicher Abrüstung zu einer bloßen Verlagerung von nuklear bestückten Mittelstreckenraketen vom Boden in die Luft käme. Das wäre ein „Unterlaufen des INF-Abkommens“. Auf die Frage, welche Konsequenzen es hätte, wenn es nicht zu einer tatsächlichen Veränderung der Nato-Politik kommen sollte, mochte Meckel nicht mehr antworten, als daß er „sicher“ sei, daß sie eintreten würde.

Walter Süß

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