ABT. EINSTÜRZENDE IMPERIEN: Maxwell vor dem Konkurs
■ Erben beantragen amtliche Aufsicht für private Firmen
London (dpa/taz) — Die Versuche der Maxwell-Erben, die hochverschuldeten Privatfirmen im Maxwell-Imperium zu retten, sind offenbar gescheitert. Ian und Kevin Maxwell, die Söhne des am 5.November gestorbenen britischen Großverlegers Robert Maxwell, beantragten gestern für die privaten Gesellschaften Headington Investments und Robert Maxwell Group — zu der auch ein 50-Prozent-Anteil am ehemals SED-eigenen Berliner Verlag gehört — die Einsetzung amtlicher Verwalter. Durch diesen Schritt kann in Großbritannien zunächst die Zwangsverwaltung und die Bankrotterklärung vermieden werden.
Dadurch werde „die Position der Angestellten in allen Gesellschaften der Gruppe soweit wie möglich stabilisiert“, heißt es in einer Erklärung der Maxwell-Brüder. Der Schritt war nach Ansicht von Finanzexperten der Londoner City nahezu unvermeidbar, nachdem bekannt geworden war, daß kurz vor Robert Maxwells Tod etwa 526 Millionen Pfund (1,5 Mrd. DM) aus Maxwells Firmen verschwunden waren, darunter 426 Millionen Pfund aus den Pensionskassen der börsennotierten Gesellschaften Maxwell Communication Corporation (MCC) und 'Mirror‘-Group-Newspapers (MGN). In dieser Sache ermittelt inzwischen das Amt zur Aufklärung schweren Betrugs.
Der Antrag der Maxwells auf amtliche Aufsicht erfolgte einen Tag vor der heute ablaufenden Frist, die den Maxwell-Erben von den rund 30 Gläubigerbanken gesetzt worden war, um einen Geldgeber mit etwa 300 Millionen Pfund (870 Mio DM) zu präsentieren. Falls dies nicht gelänge, drohe der Bankrott, hatten die Banken bereits am letzten Montag erklärt (siehe taz 4.12.).
Der Konkurs der privaten Maxwell-Unternehmen hätte auch für MCC und MGN weitreichende Folgen. Die dann notwendige Abschreibung des 250-Millionen- Pfund-Kredits von MCC an die Familienunternehmen stellt die Überlebenschancen des Unternehmens selbst in Frage. MCC schuldet seinen Banken ohnehin schon 1,4 Milliarden Pfund. Der Wert von MGN steht nach der Entdeckung des Lochs in der Pensionskasse ebenfalls in Frage.
Kevin und Ian Maxwell wissen inzwischen, daß selbst der Verkauf des gesamten Familienbesitzes längst nicht mehr ausreicht, um die Schulden zu decken. Vor diesem Hintergrund werden Spekulationen wieder laut, ob Robert Maxwell sich mit seinem mysteriösen Tod im Meer nicht selbst aus der Affaire gezogen hat. dri
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen