: Maulwurf gesucht
■ Topagent Kuron läßt zwei weitere Spione auffliegen
Hamburg (dpa) — Nach der Enttarnung des früheren DDR-Topspions im Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), Klaus Kuron, sind am Wochenende erneut zwei hohe Beamte der bundesdeutschen Spionageabwehr unter dem Verdacht festgenommen worden, jahrelang für die DDR-Staatssicherheit gearbeitet zu haben. Die beiden Hauptkommissare des niedersächsischen Verfassungsschutzes, die mit zentralen Aufgaben der Spionageabwehr befaßt waren, wurden am Freitag von Beamten des Bundeskriminalamtes (BKA) verhaftet. Der Verdacht stütze sich auf Aussagen Kurons, sagte der Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums in Hannover auf Anfrage.
Die Festnahmen werden intern als weitere Belege dafür gewertet, daß die ehemalige DDR über die Spionageabwehr der Bundesrepublik bestens informiert war. Bereits in den Vortagen sind elf mutmaßliche Agenten der ehemaligen DDR- Staatssicherheit, darunter zwei ehemalige Stasi-Führungsoffiziere Kurons, verhaftet worden.
Nach Informationen der 'Bild am Sonntag‘ fahnden die westdeutschen Sicherheitsbehörden unterdessen nach einem „dritten Superspion“, der als „Maulwurf“ in den Geheimdiensten sitze. Ost-Berlin habe Kenntnisse über die bundesdeutsche Spionageabwehr besessen, an die weder Kuron noch die beim Bundesnachrichtendienst (BND) verhaftete Regierungsdirektorin Gabriele Gast, herankommen konnten. Derzeit würden im Westen 24 Verdächtige durchleuchtet.
Einer der im niedersächsischen Innenministerium verhafteten Kommissare galt als „rechte Hand“ des Referatsleiters für Spionageabwehr beim Verfassungsschutz in Hannover. Er soll dabei auch eng mit dem 1985 nach Ost-Berlin geflohenen Verfassungsschutzbeamten Hans- Joachim Tiedge vom BfV in Köln zusammengearbeitet haben. Nach Tiedges Flucht wurde der Kommissar in jene Sondereinheit berufen, die nach weiteren Ost-Agenten in den Verfassungsschutzämtern suchen sollte. Der zweite verhaftete Verdächtige befand sich wegen einer Leistenoperation im Krankenhaus und wurde dort unter Polizeiaufsicht gestellt. Auch er soll wichtige Aufgaben in der Spionageabwehr gehabt haben. Unter anderem soll er Kontakte zu Ostspionen gehabt haben, die nach ihrer Entdeckung „umgedreht“ wurden, um für den westdeutschen Geheimdienst zu arbeiten.
Die Beliner Zeitung 'Der Morgen‘ enthüllte am Wochenende, daß zehn Prozent aller Mitarbeiter des ehemaligen DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maiziere (CDU) für die Stasi gearbeitet hätten. Bei einer Untersuchung sämtlicher Angestellter im Amt des Ministerpräsidenten sei festgestellt worden, daß etwa 50 Mitarbeiter auf der Gehaltsliste der Stasi gestanden haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen