"Matusseks Reisen" in der Kritik: Langweiliger Alleskenner
Warum Matthias Matussek als Kulturchef des "Spiegels" scheitern musste, wird in der TV-Sendung "Matusseks Reisen" ziemlich deutlich.
Schade, dass man sich dem Phänomen Matussek niemals unbefangen wird nähern können. Auch der fette Vorspann seiner Fernsehsendung "Matusseks Reisen", die seit Sonntagabend wieder im Ersten läuft, trägt nicht dazu bei, und seine Neigung, sich darin immer selbst als Zentrum des Geschehens zu präsentieren, erst recht nicht. Dieser Mann kommt immer mindestens eine Nummer zu dick aufgetragen rüber in dieser Sendung, die gedreht wurde, als Matthias Matussek noch Spiegel-Kulturchef war.
In der ersten von drei neuen Folgen hat er sich auf die Suche nach der Macht der Schönheit gemacht. Der These, dass "wir" ihr verfallen und ausgeliefert sind, geht er in Gesprächen und Besuchen nach: Fitnessstudio, Model-Agentur, Berliner Club, Schönheitschirurg - alles dabei. Zur Rahmung gehts ins Berliner Alte Museum. Matussek - sowieso ein Mann eher der groben Unterscheidungen denn der feinen Unterschiede - hatte sich vorgenommen, den Schönheitskult der alten Griechen von "unserer" kommerziell ausbeutbaren und traurig machenden Hetzerei nach Schönheit abzugrenzen.
Wer Material sucht, um der Frage nachzugehen, warum Matussek als Chef eines großen Feuilletons scheitern musste, kann es hier finden. Es ist keineswegs sein Antifeingeistgestus; der ist sogar ganz erfrischend. Es ist seine Haltung. Die ist weder forschend noch neugierig. Mit wem er auch redet, wohin er auch reist, überall begegnen ihm nur Bestätigungen dessen, was er eh schon wusste. Auf die Dauer ist das schlicht zu langweilig.
Aus einer Camp-Perspektive aber ließ sich das prima weggucken. Als sich Matussek filmt, während ihm bei einer Schönheitsoperation schlecht wird, gelingt ihm sogar eine große Slapstickszene. Und wahr ist auch: Vorher lief das Kulturmagazin "titel thesen temperamente" mit einem ebenso lobhudelnden wie kulturbeflissenen Bericht über musikalische Früherziehung featuring Anne-Sophie Mutter und Daniel Barenboim. Das war noch platter.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden