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■ StandbildMatte Schwungscheibe

„Swingpfennig/Deutschmark“, Di., 23 Uhr, ZDF

Seltsam, dieses Intermezzo an der Imbißbude: „Gib mal die Gage“, sagt eines der Bandmitglieder. Man reicht ihm eine armselige Tüte mit Kleingeld, das er an die schmatzenden Kunden vor der Theke verteilt: „Willste ma 'ne Mark?“ Dazu die knackende Walkie-talkie-Stimme aus dem Off: „Da findet eine Übergabe statt.“ So beginnt kein Film, der es quotenmäßig mit der „Lindenstraße“ aufnehmen will.

Das Kleine Fernsehspiel „Swingpfennig/Deutschmark“ von Margit Czenki kommt nur langsam in Gang. Wie die große Schwungscheibe des Bewußtseins, die frühmorgens nach vier Stunden Schlaf und vierzig Zigaretten nur träge anläuft. Kaleidoskopische Bildfolgen überlagern sich, langsam nur bündeln sich die Assoziationen. Eine Aneinanderreihung von Zufälligkeiten, halb dokumentarisch.

Es geht um die Geschichte St. Paulis in den dreißiger Jahren. Um die sogenannte „Swing-Jugend“, deren von den Nazis verbotene Musik Ausdruck kultureller Opposition war und die sich untereinander am diskret vorgezeigten Pfennig erkannte.

Auf den Spuren dieser Swinger fügen sich Szenen und Dialoge, immer hart an der Grenze zur chaotischen Auflösung. Im Wald übt die zehnköpfige Band Tai-Chi und wird von Neonazis angequatscht. Man suche Leute, „die austeilen und einstecken können“. Das Sammelsurium alltäglichen Irrsinns löst die Grenze von Gegenwart und Vergangenheit auf. Immer wieder begegnen wir einer alten Frau, die mit leicht debilem Lächeln vom Fenster aus vermeintlich ein Geschehen beobachtet. Welches Geschehen? Die besoffenen Fußballfans mit der Deutschlandfahne? Oder die HJ-Kids 50 Jahre zuvor, wie sie die Schellackplatten einiger Swing-Jugendlicher zerbrechen?

Die zerrissenen Bildfolgen von besoffenen Pennern im Rinnstein, grölenden Besäufnissen zwischen Tag- und Nachtanbruch sowie die bedrückende Präsenz allgenwärtiger Observation ziehen einen nur langsam, aber nachhaltig in den Bann. Von der Form her ist dieser sperrige Film gewiß nicht die lang ersehnte Fernsehinnovation, doch in seiner Unbeirrbarkeit und anarchischen Ungeschliffenheit wirkt „Swingpfennig“ durchaus sympathisch. Nicht auszudenken, wenn der Film einmal einen Preis bekommt und die Jury in geschliffenenem Kulturhochdeutsch die Begründung formulieren muß. Manfred Riepe

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