Massenproteste in Großbritannien: Studierende haben die Nase voll
Die konservativ-liberale Koalition will die Studiengebühren als Teil eines großen Sparpakets drastisch erhöhen. Dagegen wehren sich Studierende mit massiven Protesten.
Zehntausende britischer Studentinnen und Studenten haben am Dienstag trotz des widrigen Wetters in den meisten britischen Universitätsstädten demonstriert. Es war die dritte Massendemonstration gegen die Erhöhung der Studiengebühren. Die Koalition aus Tories und Liberalen Demokraten will die von der Labour-Regierung eingeführten Gebühren in Höhe von 3.000 Pfund ab 2012 verdoppeln, unter bestimmten Umständen sogar verdreifachen. Darüber hinaus wird der Staatszuschuss für Universitäten um rund 80 Prozent gekürzt, obwohl er bereits jetzt mit 0,9 Prozent des Budgets weit unter westlichem Durchschnitt liegt. Die Universitätsreform ist Teil des Pakets, mit dem binnen vier Jahren 81 Milliarden Pfund eingespart werden sollen.
Die größte Demonstration fand in London statt, wo 8.000 Studenten ein Chaos anrichteten. Weil sie befürchteten, von der Polizei eingekesselt zu werden, spalteten sie sich in kleinere Gruppen auf und legten den Verkehr an vielen Knotenpunkten lahm, während die Polizei versuchte, sie einzufangen. Die Einsatzleiterin Jane Connors bestritt, dass die Demonstranten eingekesselt werden sollten. Die vielen Metallgitter am Endpunkt der Demonstration deuteten jedoch genau darauf hin.
"Wir hatten einen flexiblen Plan", sagte Connors. "Wir sind durch London gerannt und haben die einzelnen Gruppen ermutigt, zum Trafalgar Square zurückzukehren, wo die Kundgebung stattfinden sollte. Wir wollten so wenig Störung wie möglich." Als die Polizei den Platz nach der Kundgebung räumen wollte, wurde sie mit Steinen und Flaschen beworfen, ein paar Scheiben gingen zu Bruch. Rund 140 Studenten wurden verhaftet. Auch in anderen Städten kam es zu Verhaftungen. In Brighton versuchten die Demonstranten, das Rathaus zu stürmen, in Liverpool besetzten rund hundert Studenten das Dach eines Parkhauses und warfen Gegenstände hinunter. In Bristol wurde die Polizei mit Senfgeschossen attackiert, in Birmingham und Oxford besetzten die Studenten vorübergehend die Rathäuser.
Generell waren die Demonstrationen im Vergleich zu den vorherigen Aktionen jedoch friedlich. Vorige Woche hatten Studenten ein Polizeiauto demoliert und mit Graffiti besprüht. Mitte November war es den Studenten gelungen, in die Tory-Parteizentrale in London einzudringen und Büros zu verwüsten.
32 Universitäten sind seit Wochen besetzt. Die nationale Studentenvereinigung NUS hat wegen ihrer abwiegelnden Haltung ihren Einfluss eingebüßt. Um verlorenen Boden gutzumachen, entschuldigte sich der NUS-Vorsitzende Aaron Porter am Wochenende für die "rückgratlose Vorsicht" und sagte künftig mehr Unterstützung zu.
Das Ausmaß der Proteste beunruhigt die Regierung. Sie befürchtet, dass sich der Widerstand ausweiten könnte. Am Montag waren rund hundert Menschen in das Rathaus von Lewisham in London vorgedrungen, wo die Stadträte gerade Kürzungen von 60 Millionen Pfund beschließen wollten. Polizei in Kampfanzügen räumte den Saal.
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