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Massendemo für Enteignung der KPC

■ 60.000 demonstrierten auf dem Wenzelsplatz in Prag gegen Machtpositionen der Ex-Realsozialisten

Prag (adn/taz) — Mit einer Großkundgebung, die in Ausmaß und Stimmung an die Massenaktionen vom November vergangenen Jahres erinnerte, demonstrierten am Donnerstag Zehntausende Prager gegen jeglichen Versuch der Kommunistischen Partei, frühere Machtpositionen zu konservieren beziehungsweise neue aufzubauen.

Mit den Rufen „Es ist genug!“, „Wir wollen die Wahrheit wissen!“ verlangten sie die unverzügliche Enteignung der Kommunistischen Partei sowie die Entfernung der Kommunisten aus allen staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Funktionen. Parolen wie „Schluß mit dem Samt!“ standen für die Forderung der Demonstranten, die zurückhaltenden Methoden der „samtenen Revolution“ gegenüber den einstigen realsozialistischen Machthabern aufzugeben. Die vom Bürgerforum einberufene Kundgebung war die Antwort auf eine Erklärung des KP-Chefs Vasil Mohorita, in der er eine Wiederbelebung der Parteiorganisationen in den Betrieben ankündigte und den Einfluß der Partei in den Gewerkschaften stärken wollte. Mohorita proklamierte das Ende der „Versöhnungszeit“, was scharfe Reaktionen in der tschechoslowakischen Öffentlichkeit auslöste.

Am selben Tage bestätigte die föderative Regierung der CSFR einen Gesetzentwurf zur Enteignung des Kommunistischen Parteieigentums. Dieser Entwurf, der unverzüglich der föderativen Versammlung zur Erörterung und Beschlußfassung vorgelegt werden soll, wird dasjenige Eigentum betreffen, das sich die Partei vor dem Mai dieses Jahres — damals traten gesetzliche Regelungen zum Vermögen von Parteien und Organisationen in Kraft — widerrechtlich angeeignet hat. Wie CTK berichtete, ist der Beschluß auf der Grundlage von Regierungskontrollen über das Eigentum von Parteien und Bewegungen gefaßt worden. Danach ist das Vermögen der KP von 12,3 Milliarden Kronen am 31. Dezember 1989 auf 2,6 Milliarden Kronen im August dieses Jahres gesunken. Es habe zahlreiche Fälle gegeben, bei denen Vermögenswerte der Partei unter ihrem echten Wert an neu entstehende Wirtschaftseinrichtungen übergeben wurden, die wiederum mit der KP verbunden sind.

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