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Massen-Aids-Tests in Großbritannien

Die Regierung Thatcher entscheidet sich für anonyme Massentests in den Krankenhäusern Britischer Ärzteverband äußert sich positiv / Recht auf Testverweigerung noch offen  ■  Aus London Rolf Paasch

Die britische Regierung hat am Mittwoch bekanntgegeben, demnächst anomye Aids-Tests durchzuführen, um neue Erkenntnisse über die Ausbreitung des HIV-Virus zu erlangen. In Zukunft werden hundertausende Blutproben aus einer repräsentativen Auswahl aller Krankenhäuser des Landes nach Entfernung der Spenderidentifikation auch auf den Aids-Virus hin getestet werden. Da zu wissenschaftlichen Zwecken lediglich Geschlecht, Alter und Wohnregion der SpenderInnen bekannt sein wird, ist eine Benachrichtigung der festgestellten Virus-Träger nicht möglich.

Ob Patienten die Möglichkeit eingeräumt werden soll, ihre Blutproben ausdrücklich von diesem Aids-Test auszunehmen, ist noch unklar. Während der britische Ärzteverband die Einführung dieser unfreiwilligen, anonymen Massentests als „progressiven Schritt zur Bekämpfung von Aids“ begrüßte, zweifelte ein Sprecher des unabhängigen Terrence-Higgins -Trust die Aussagekraft der auf diesem Wege gewonnenen Daten an. Lediglich Experten auf dem Gebiet der medizinischen Ethik kritisierten die Abkehr der Regierung Thatcher von einer Politik der freiwilligen Aids-Tests. Die Regierung, so erklärte Ian Kennedy, Professor für Medizinisches Recht und Ethik am Londoner Kings College, habe hier dem Druck der Versicherungsindustrie nachgegeben, die sämtliche Teilnehmer an freiwilligen Aids-Tests mit erhöhten Prämien bestrafen wollte. Gesundheitsminister Kenneth Clark hat mit seiner Entscheidung solche ethischen Bedenken im Interesse neuer Erkenntnisse über die Verbreitung des HIV-Virus zurückgestellt.

In Großbritannien, wo jetzt der tausendste Patient an Aids gestorben ist, wird die Zahl der Virus-Träger auf rund 50.000 geschätzt. Regierung und Aids-Experten versprechen sich von den neuen Massentests Auskünfte darüber, wie weit die Epidemie bereits in sogenannten Nicht-Risikogruppen fortgeschritten ist. Bisher, so ein Sprecher des Ärzteverbandes, arbeiteten diejenigen, die für die Aids -Bekämpfung wichtige Vorentscheidungen treffen müßten, „noch völlig im Dunkeln“.

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