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Massaker an kenianischer UniversitätTrauer und Wut am Osterfest

Nach dem Angriff auf die Universität von Garissa regt sich Kritik an den Sicherheitskräften. Die Luftwaffe bombardiert Stellungen von al-Shabaab in Somalia.

Kenianische Soldaten patrouillieren in den Straßen von Garissa. Bild: ap

NAIROBI taz | Das diesjährige Osterfest in Kenia stand ganz unter dem Zeichen von Trauer und Wut. Trauer über die etwa 150 Studenten, die vergangene Woche bei einem Angriff der somalischen Terrorgruppe al-Shabaab auf die Universität Garissa umkamen. Und Wut über das, was viele als Nachlässigkeit der Behörden im Bereich der Sicherheit erleben.

In Kirchen und in Moscheen gedachten die Menschen der Opfer. Die Luftwaffe reagierte mit Bombardierungen von Al-Shabaab-Positionen in Somalia.

Kenianer äußern sich gegenüber Medien und auf der Straße entsetzt über den späten Einsatz einer Spezialeinheit der Armee in Garissa. Die sogenannte Recce-Kompanie stand schon in Nairobi eine halbe Stunde nach dem Beginn des Attentats bereit. Sie flog aber erst sechs Stunden später nach Garissa, wo sie in einer halben Stunde dem Angriff ein Ende setzte.

Die Armee gab keine Erklärung dazu ab. Aber Sicherheitsexperten weisen darauf hin, dass es bei dem Al-Shabaab-Angriff auf ein Einkaufszentrum in Nairobi im Jahr 2013 Tage dauerte, bis Armee und Polizei die Lage unter Kontrolle bekamen.

Die Kenianer fragen sich auch, warum die Universität in Garissa so schlecht bewacht war, obwohl das Städtchen schon oft das Ziel von Attentaten war. Nur zwei Polizisten standen an der Pforte Wache und wurden als Erste getötet.

Bei einem der Angreifer handelt es sich um den Sohn eines Beamten. Der 24-Jährige, der ein ethnischer Somalier mit kenianischer Nationalität ist, hatte Jura studiert, verschwand aber voriges Jahr.

Yusuf Hassan, ein kenianischer Parlamentarier und ebenfalls ethnischer Somalier, ist wütend über den Anschlag. „Nur ein Wahnsinniger könnte glauben, dass mit dem Mord auf Unschuldige ein Ziel erreicht werden kann“, sagt Hassan, der in Garissa geboren wurde und vor drei Jahren Opfer eines Anschlages in Nairobi wurde.

Kenia hat seit 2012, als Truppen des Landes in Somalia einmarschierten, um die Regierung im Kampf gegen al-Shabaab zu unterstützen, mehr als vierzig Anschläge erlebt. In der letzten Zeit sind Attentäter zunehmend ethnische Somalier aus Kenia. Die Beziehungen zwischen den Behörden in Nairobi und den kenianischen Somaliern waren noch nie gut.

Herz und Kopf gewinnen

„Was aber auch immer die Erfahrungen der kenianischen Somalier sind, sie rechtfertigen nicht den gewalttätigen Extremismus und die Angriffe gegen unschuldige Zivilisten“, sagt Hassan, der den Kamakunji-Wahldistrikt in Nairobi vertritt. „Die Regierung muss dringend anfangen, sich zu engagieren und Herz und Kopf entfremdeter Jugendlicher in der somalischen Gemeinschaft zu gewinnen, und damit den Feind innerhalb dieser Gruppe vertreiben.“

Zu Hassans Wahlkreis gehört Eastleigh, wo fast ausschließlich ethnische Somalier leben.

Auf Attentate in Kenia folgten bislang immer Razzien der Polizei. Manchmal wurden Hunderte von ethnischen Somaliern und Muslimen verhaftet. Die meisten wurden nach einiger Zeit wieder freigelassen, weil sie unschuldig waren. Aber diese Art von Polizeiverhalten verursacht Frustration und Wut.

„Al-Shabaab nutzt die Unzufriedenheit in der muslimischen Gemeinschaft aus. Diese Frustration herrscht vor allem unter der Bevölkerung im Nordosten und in Nairobi. Das Ziel der Extremisten ist, die Kluft zwischen den Behörden, ethnischen Somaliern und Muslimen zu vertiefen“, meint Hassan.

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