Markthallen am Gleisdreieck: Fernsehkoch als Marktschreier
Der neue Wochen-, Food-, Antik-, Kunst-, Design-, Fashion- und Flohmarkt im ehemaligen Dresdener Bahnhof bietet alles von neuem Honig bis zu altem Trödel.
Für Kolja Kleeberg hat man schon mal etwas vorbereitet. Auf einem Podest wurde für den Fernsehkoch nicht nur eine neue glänzende Showküche aufgebaut. Auch ein kleines Restaurant hat man mit Tischen, blütenweißen Tischdecken und auf Hochglanz polierten Weingläsern improvisiert. Nach Wochenmarkt sieht es hier wahrlich nicht aus, doch in den Markthallen am Gleisdreieck, die am Samstag ihren Betrieb aufnahmen, soll ja auch alles anders sein.
Einen Wochen-, Food-, Antik-, Kunst-, Design-, Fashion- und Flohmarkt mit eingebautem Showprogramm, nicht weniger zu veranstalten hat sich Initiator Stephan Dau zum Ziel gesetzt. Die Idee dazu sei ihm in Südafrika gekommen, erzählt er. "In Kapstadt gibt es den Old Biscuit Mill, wo neben frischen Lebensmitteln und Trödel auch die Werke kleinerer Designer und Livemusik geboten werden", sagt der Eventmanager. Vergleichbares kenne er auch aus London und Barcelona, nur in Berlin habe diese Mischung aus Floh- und Wochenmarkt bislang gefehlt.
In den Hallen des ehemaligen Dresdener Bahnhofs, wo sonst Ausstellungen und Messen stattfinden, wird der Markt nun zunächst alle zwei Wochen, ab Ende November jede Woche stattfinden. "Gerade jetzt, wo es auf den Winter zugeht, ist ein Dach über dem Kopf ein großer Vorteil", meint Dau. Zudem gebe es Toiletten, ein angeschlossenes Parkhaus und Kinderbetreuung. "Die 150 Aussteller für dieses Wochenende zu finden war kein Problem."
Die Markthallen am Gleisdreieck an der Luckenwalder Straße 4-6 sind zunächst alle zwei Wochen, ab dem 20. November jedes Wochenende am Samstag und Sonntag zwischen 9 und 18 Uhr geöffnet.
Am besten erreicht man den neuen Markt mit den U-Bahn-Linien 1 und 2. Der U-Bahnhof Gleisdreieck liegt direkt über den Hallen.
Die Bezeichnung "Dresdner Bahnhof" für die Hallen ist nicht ganz korrekt. Zwar stand hier tatsächich
einst der "Dresdner Bahnhof", er wurde allerdings nur von 1875 bis 1882 genutzt, dann wurden die von Dresden kommenden Züge bereits in den neuen Anhalter Bahnhof umgeleitet. Die heute auf dem Geländes des Gleisdreiecks stehenden Hallen gehörten zum erst 1907 auf dem Gleisdreieck gebauten Postbahnhof.
Weitere Infos zum Markt unter www.mag-berlin.com.
Und Besucher haben sich am Samstagmittag schon ausreichend gefunden. Vor allem ältere Ehepaare schieben sich vorbei an den Ständen mit Schmuck, Frühstücksbrettchen und alten Büchern. Ein Mann mit Gamsbart am Hut begutachtet das Angebot an Portemonnaies aus Filz. Zwei Stände weiter hat eine Dame ihre Wachsjacke abgelegt, um mal eine bunte Strickjacke mit spitzer Kapuze zu probieren.
Christa Brauweiler ist mit ihrem Mann Wolfgang extra aus Mariendorf angereist, um den neuen Markt unter die Lupe zu nehmen. "Wir gehen gerne auf Märkte, etwa auf die Wochenmärkte am Winterfeldtplatz und Kollwitzplatz oder den Flohmarkt auf der Straße des 17. Juni", erzählt sie. Aus der Zeitung habe sie von der Markhalle am Gleisdreieck erfahren, doch richtig überzeugt sei sie noch nicht. "Das Flair fehlt, aber vielleicht kommt das noch mit der Zeit."
In der Nachbarhalle, wo vor allem Essen angeboten wird, hat sich Jimmy Mejia hat für einen Moment aus dem Trubel zurückgezogen. Mit einer Cola sitzt er abseits auf einer der aufgestellten Sperrholzbänke und schaut zu, wie seine Kollegen peruanische Fischspeisen und mit Hackfleisch gefüllte Teigbällchen verkaufen. "Die ganze Woche haben wir das Essen, was wir heute verkaufen wollen, vorbereitet. Das war total anstrengend."
Mejia trägt seine weiße Kochkleidung und wirkt damit viel professioneller, als man es sonst von Marktständen gewohnt ist. "Eigentlich sind wir ein Cateringunternehmen, spezialisiert auf lateinamerikanische Küche", erklärt er. Über einen Kollegen habe man von der neuen Markthalle erfahren. "Nun probieren wir das mal aus."
Wesentlich mehr Erfahrung hat Christian Bruder. Der Imker aus Mühlenbeck steht regelmäßig auf Wochen-, Weihnachts- und Mittelaltermärkten. "Ich bin vor ein paar Wochen angesprochen worden, ob ich nicht Lust hätte, hier meinen Stand aufzubauen", erzählt er. Das Konzept habe ihm gefallen, daher habe er sich dafür entschieden. "Sonst habe ich nur das kleine Zeltdach meines Standes über dem Kopf - nicht nass zu werden, wenn es regnet, ist mal eine nette Abwechslung." Ob sich das Geschäft am neuen Standort lohne, könne er in ein paar Wochen sagen.
Während es in den beiden großen Verkaufshallen mittlerweile richtig voll geworden ist, herrscht bei Anne Kadler gähnende Leere. In einem Nebenraum hat die junge Frau eine Rennstrecke für Bobbycars und Bierbänke mit Malbüchern aufgebaut. Doch von Kindern, die das Ganze in Betrieb nehmen, fehlt jede Spur. "Bislang ist die Nachfrage nach Kinderbetreuung eher mäßig", meint Kadler. Vielleicht schreckten die Kosten von 3,50 Euro pro Stunde ab, vielleicht kämen die Familien mit Kindern aber auch einfach erst später. "Ob sich unser Angebot dauerhaft lohnt, müssen wir uns überlegen."
Dann wird es plötzlich laut. Kolja Kleeberg startet seine Kochshow. Wie im Fernsehen tanzt Kleeberg durch seine Küche, rüttelt an Pfannen, wedelt mit Kochlöffeln und redet dazu wie ein Wasserfall. Nach ihm wird Joe Hatchiban das Unterhaltungsprogramm übernehmen und seine Karaokemaschine aufbauen, mit der er sonst sonntags im Mauerpark gastiert. Der Mann hat Erfahrung mit der Bespaßung von Flohmarktbesuchern. Da will Kleeberg als Vorband offensichtlich einen guten Job machen.
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