Marco Carini über das Vortragsverbot von Buxtehude: Zensur darf keine Schule machen
Keine Politik an die Schulen. Dieses Dogma ist, wenn überhaupt, nur dann praktikabel, wenn es genau definiert ist. Dass Schulgebäude keine Herberge für radikale Heilsbringer oder extremistische Parteien, ja auch keine Plattform für Wahlkampfveranstaltungen sein wollen und sollen, ist nachvollziehbar. Doch gerade Schulen müssen ein Forum für politische Bildung und gesellschaftliche Diskussionen sein. Die Auseinandersetzung über die Gesellschaft, in der wir leben, muss Schule machen.
Wenn wie in Buxtehude ein politischer Kabarettist willkommen, ein Fotojournalist mit seinen Bildern aus einem inzwischen vom Krieg zerstörten Land aber höchst unwillkommen ist, ist das kaum begründbar. Und deshalb wird es auch gar nicht groß begründet, schon gar nicht im direkten Gespräch mit dem Reporter. Was zurück bleibt, ist ein fader Beigeschmack, der sich mit zwei Vokabeln umreißen lässt: Willkür und Zensur. Und was ist politischer als Zensur? Mit ihrem Veto macht die Stadtverwaltung genau das, was sie verhindern wollte – die Schule zu einem Spielball politischer Interessen – ihrer eigenen!
Ist eine Fotoreportage über Syrien politisch? Kulturell? Gesellschaftlich? Ist der Vortrag im Rahmen, eine mögliche, wenn auch nicht geplante anschließende Diskussion darüber nicht? Je weiter man in die Details der Buxtehuder Entscheidung vordringt, umso mehr dringt man in absurde Gefilde ein.
Sich nicht vor einen Karren spannen lassen, die Türen aber öffnen für politische Bildung und gesellschaftliche Auseinandersetzung, dass muss die Aufgabe von Schulen sein, und der Maßstab für die Vergabe ihrer Räume. Dazu bedarf es klarer Regeln und verlässlicher Vorgaben. Und auch den Mut, im Zweifelsfall nicht zu zensieren. Diese Gesellschaft leidet nicht an zu wenig Bildung, zu wenig Kultur, zu wenig Debatte. Schulen sind Orte des Austauschs. Das sollte auch für Buxtehude gelten.
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