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Mannheimer Trick–Kiste

■ BBC–Betriebsrat: ABB plant weitgehende Schließungen / Gleichzeitig Aufkauf von neuen Firmen mit gleicher Fertigung anvisiert / BRD als „verlängerte Werkbank“

Mannheim (taz) - Die neue multinationale Unternehmensgruppe ABB plant weitgehende Verlagerungen von Betriebsteilen aus der Bundesrepublik nach Schweden und in die Schweiz. Dies erklärte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von BBC, Dieter Münch, am Samstag auf einer Arbeitsmarktkonferenz des DGB in Mannheim. Durch die von ABB geplanten Maßnahmen werden nach seiner Einschätzung in den nächsten drei Jahren rund 2.000 Ingenieurs– und Technikerstellen im Rhein–Neckar–Raum verloren gehen. Hinzu kommen Personaleinsparungen in anderen Bereichen. Das gilt auch für die Zahl der Auszubildenden. Bislang hatte die Unternehmensleitung für den Rhein–Neckar–Raum lediglich einen Arbeitsplätze–Abbau von rund 1.500 Stellen inklusive Ingenieure und Techniker angegeben. Dieter Münch geht allerdings auf Grund seiner Kenntnisse von ganz anderen Dimensionen aus. Gegenüber der taz sagte er, er erwarte in den nächsten Jahren die Schließung mehrerer Werke in Mannheim– Heidelberger Raum. Der neue Konzern ABB will auf Druck der schwedischen ASEA sogenannte doppelte Produktionsstätten schließen. Das gilt aber auch für die Forschungs– und Engeneering–Abteilungen. So sollen die Konstruktions– und Entwicklungsabteilungen im Stromerzeugungs und Übertragungsbereich weitgehend nach Schweden verlagert werden. Lediglich gewisse Fertigungsbetriebe bleiben „als verlängerte Werkbank“ nach Dieter Münchs Kenntnissen in der BRD. Diese könnten nur dann überleben, wenn sie niedrige Lohnstückkosten aufweisen würden. Anderenfalls sei von ABB vorgesehen, daß man in aller Herren Länder entsprechend günstige Fabrikationsstätten hinzuerwerbe. „Die Politiker und Arbeitnehmer werden hier über Aufträge erpreßt“, so Münch zur taz. ABB halte für solche Schnellkäufe rund vier Mrd. DM Bares bereit. Die Konzernleitung hausiert jetzt bei leitenden Angestellten mit der Idee, sie sollten einzelne, kleine Betriebsteile übernehmen und sich selbständig machen. In solchen Fällen würde das Unternehmen großzügige Hilfen bereitstellen. Bedingung ist allerdings, daß auch die dazugehörende Belegschaft übernommen wird. Das hat für ABB gleich zwei Vorteile. Man ist sofort Teile seiner Beschäftigten „freiwillig“ los und zum anderen muß man mit dem Betriebsrat darüber keinen Sozialplan mehr erstellen. Auch nach außen hin spricht man in solchen Fällen nicht von Entlassungen. Die erfolgen möglicherweise erst später, wenn der „selbständige Ex–BBC–Betrieb“ keine Aufträge mehr erhält, weil ABB woanders kostengünstigere Offerten vorliegen. Auf einer Betriebsversammlung wollen die BBClerInnen in dieser Woche über Maßnahmen diskutieren. Felix Kurz

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