■ Mann des Tages: Der trittfeste Volksheld aus Kroatien: Zvonimir Boban (will nicht patriotisch sein)
Eigentlich sollte man meinen, daß ein Fußballer, dessen berühmtester Tritt nicht etwa den Ball in irgendein Tor beförderte, sondern dem Allerwertesten eines Polizisten galt, ein veritables Identitätsproblem mit sich herumschleppt. Nicht so Zvonimir Boban. Der nämlich ist Kroate, der legendäre Kick galt einem serbischen Uniformierten und machte Boban zum Volkshelden. „Ich tat, was jede normale Person tun würde“, sagt Boban heute über den Vorfall von 1990, als Dynamo Zagreb in Belgrad spielte und die serbische Polizei kroatische Fans aufs Spielfeld jagte und dort wüst verprügelte.
Hin und wieder traf Boban aber auch das Spielgerät in besonders vorteilhafter Weise und das brachte ihm 1991 einen Vertrag beim AC Mailand ein. Dort überdauerte er mit seinem effektiven, oft unauffälligen Mittelfeldspiel zahlreiche Stars und wurde 1994 Europacupsieger, aber den ganz großen Ruhm sahnten doch andere wie Savicevic, Donadoni, Baresi, Maldini oder Weah ab.
Das soll sich heute grundlegend ändern. Vor allem von Bobans Spiel wird es abhängen, ob Davor Suker gegen Deutschland genug Torchancen bekommt, um Kroatien ins WM-Halbfinale zu schießen. Sein erster Versuch, in der Heimat endlich auch durch seine Fußball legendär zu werden, schlug vor zwei Jahren bei der Niederlage gegen die Deutschen im EM-Viertelfinale kläglich fehl. „Da hat mein Patriotismus meinen Verstand ausgeschaltet. Der heißblütige Spieler von 1990 kam zurück, und ich war ein kompletter Ausfall“, räumt der 29jährige ein, der diesmal „erheblich ruhiger“ zu Werke gehen will. Ganz ohne Patriotismus geht es bei Boban aber doch nicht. „Das ist eine neue historische Chance für unsere junge Nation“, verkündet er, „und ich möchte, daß sie stolz sein kann und sich nicht schämen muß.“ Matti
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