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Mangelnde Europhorie

■ Herzloses 1860 München muß nach einem 0:3 gegen Bremen weiter träumen

München (taz) – Drüben am Marathontor des Olympiastadions haben ein paar Männer verschämt ein großes Löwenbräu-Plakat gewissermaßen beim Hinterausgang rausgetragen. „Hallo Europa“ stand da auf zwei mal fünf Metern, und damit wollte der Hauptsponsor des TSV 1860 München nicht darauf hinweisen, daß sein Bier auch an den Stränden Mallorcas getrunken wird. Vielleicht wird in zwei Wochen ganz München mit dem europhorischen Sprüchlein plakatiert – dann, wenn Stuttgart gegen Cottbus den DFB-Pokal gewonnen hat, und die 60er doch für den Uefa-Cup qualifiziert sind. Kraft der eigenen Waden ist das nicht gelungen, weil sie gegen Werder Bremen mit der erbärmlichsten Saisonleistung 0:3 unterlagen. Und 54.000 Zuschauer im olympischen Oval verbreiteten eine Stimmung so brav wie beim Jahreskongreß der Zeugen Jehovas.

Die Mannschaft sei mit dem Druck nicht fertig geworden, war Trainer Werner Lorant ratlos. Gegen Bochum und Karlsruhe, die unmittelbaren Konkurrenten, hatte man gepatzt – und gegen Bremen. Immer dann also, „wenn es um alles oder nichts ging“, wie der scheidende Abwehrrecke Thomas Miller erkannte. Einigen Spielkameraden sei „das Herz in die Hose gerutscht“.

So sieht es auch Lorant. Man habe in jenen Spielen gemerkt, was den Sechzigern noch fehlt, um tatsächlich eine Spitzenmannschaft zu sein. Natürlich haben die Löwen mit Tabellenplatz sieben das beste Ergebnis seit 30 Jahren erzielt, und es ist ihnen auch gelungen, die Mannschaft innerhalb von drei Jahren vom rustikalen Grätscher- Kollektiv zum ballfertigen Ensemble mit einer beeindruckenden Mittelfeldachse umzubauen. Daß dieses Team aber in den entscheidenden Spielen versagte, ist eine andere Sache.

Trotzdem hatte Präsident Karl- Heinz Wildmoser für den Abend ein Fest angesetzt, im Lokal „Zum Hirschen“, weil ihm das so toll gefallen hat, wie die Dortmunder und Schalker und Bayern gefeiert haben. Dumm nur, daß die Löwen- Spieler schon ein Abschlußessen beim Italiener gebucht hatten. Nix da, meinte Wildmoser, und befahl sogar Fröhlichkeit. „Erst in der Niederlage“, polterte er, „zeigt sich das Löwenherz.“ Aber das verbarg sich an diesem Tag bekanntlich irgendwo in der Unterwäsche. Markus Götting

Werder Bremen: Reck – Ramzy – Wiedener, Schierenbeck – Pfeifenberger, Frings, Unger, Herzog (79. Scholz), Bode – Flo (71. Brand), van Lent (71. Hobsch)

Zuschauer: 54.000, Tore: 0:1 Herzog (44.), 0:2, 0:3 Hobsch (73., 76.)

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