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Managua toleriert Oppositions–Demo

■ Größte Kundgebung seit Somozas Sturz / Zehnjähriger Todestag des unter dem Diktator umgebrachten La Prensa–Herausgebers Chamorro / Lauthals Kritik an Sandinisten

Managua (ap/afp) - In der nicaraguanischen Hauptstadt Managua fand am Sonntag die größte Demonstration gegen die Regierung seit deren Machtübernahme vor acht Jahren statt. Anlaß der Kundgebung, an der sich rund zehntausend Menschen beteiligten, war die Ermordung Joaquin Chamorros, des Herausgebers der Zeitung „La Prensa“, vor zehn Jahren. Chamorro wurde vermutlich von gedungenen Mördern des damaligen nicaraguanischen Präsidenten Anastasio Somoza umgebracht. La Prensa hatte in der Vergangenheit mehrmals die Politik der Sandinisten kritisiert und dafür mit Zensur und Schließung bezahlen müssen. Im Oktober hatte die Zeitung wieder erscheinen dürfen. Die Regierung hatte die Demonstration genehmigt, die ansonsten nicht hätte stattfinden dürfen. Organisiert hatten sie vier der 14 Oppositionsparteien und antisandinistische Organisationen. Der Gedenkmarsch der Zehntausend für den Ermordeten wurde zum Protest gegen die in Managua herrschenden Politiker. Demonstranten besprühten Mauern mit Parolen, mit denen die Sandinisten zum Abtreten aufgefordert wurden. Am Grab Chamorros auf dem Hauptfriedhof forderte der Vorsitzende des Oppositionsbündnisses „Demokratische Nicaraguanische Koordination“ (CDN), Carlos Huembes, die Regierung erneut zu direkten Verhandlungen mit den Contras auf, und zwar in Managua. Nach einem Gottesdienst, den der vor einigen Monaten aus dem Exil heimgekehrte Priester Bismarck Carballo zelebrierte, forderte die Witwe des Ermordeten, Violeta Barrios de Chamorro, die Bevölkerung auf, alte Gegensätze zu überwinden und gegen die Regierung zusammenzustehen. „Wir müssen vergessen, wer Anhänger der Somoza–Diktatur war und wer nicht“, sagte Frau Chamorro, die nach dem Tode ihres Mannes die Geschäftsführung der Oppositionszeitung übernommen hatte. In seiner Predigt hatte Carballo die Sandinisten zuvor beschuldigt, die Bevölkerung mit einer „Ideologie des Hasses, der Zerstörung und des Todes“ zu „bombardieren“. „Der Friede kann nicht das Ergebnis des Krieges sein“, sagte Carballo, der seine Zuhörer aufforderte, die Regierung zur Einhaltung des Abkommens von Guatemala zu zwingen, „damit Nicaragua demokratisiert wird“.

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