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Management in ScheibchenEWE übt Salamitaktik

Trotz Skandalen glänzt der Oldenburger Energieversorger EWE mit guter Bilanz. Berichte über designierte Vorstandsnachfolger sorgen für neuen Ärger

Manchmal hat man den Eindruck, der EWE ist eh längst alles Wurst Foto: (dpa)

OLDENBURG taz | Die Häppchen, die EWE zusammen mit der Jahresbilanz 2016 am Donnerstag serviert, sind wie immer exquisit. Minifrikadellen, Lachsbrötchen, fein garniert mit Petersilie. Dazu knapp 333 Millionen Euro Gewinn, eine Summe, die sich die Beteiligten auf der Zunge zergehen lassen, wenn sie auch maßgeblich zwei Sondereffekten zu verdanken ist: dem Verkauf der Anteile am Gasversorger VNG in Leipzig und die Neuregelung der Altersversorgung bei der Bremer Tochter SWB. Wenn es allerdings um die aktuellen Probleme geht, die den regionalen Energieversorger erschüttern, dann greifen die Verantwortlichen gern auf die Salami-Taktik zurück: scheibchenweise nur das zugeben, was nicht mehr zu leugnen ist.

Wie die 250.000 Euro Spende an die Stiftung der Klitschko-Brüder in der Ukraine: vom ehemaligen Chef Matthias Brückmann ohne Rücksprache mit dem Unternehmen zugesagt, dessen Kundengelder er bei einer Gala-Veranstaltung in Kiew großzügig verteilte. Ein klarer Verstoß gegen die Unternehmensrichtlinien.

Doch mit Selbstbedienung trotz des Compliance-Regelwerks soll jetzt Schluss sein, beteuerten die beiden verbliebenen Vorstände, Wolfgang Mücher und Michael Heidkamp, am Donnerstag. Die Stellen der Compliance-Officer sollen aufgestockt werden.

Allerdings hatte auch der bislang oberste Compliance-Officer Brückmanns Reise samt Ehefrau zur Klitschko-Gala als dienstlich angemessen gewertet und so die finanzielle Übernahme durch die EWE abgesegnet.

Und gegen den EWE-Marktvorstand Michael Heidkamp ermittelt die Oldenburger Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue: Er hatte die Klitschko-Spende durch seine Unterschrift autorisiert.

Das war im vergangenen Oktober. Und in Oldenburg? Passierte erst mal nichts. Bis ano­nyme Briefeschreiber dem Aufsichtsrat eine lange Liste voller Verfehlungen präsentierten. Wohldosierte Zutaten für die fristlose Kündigung. Die Klitschko-Spende in der Ukraine war der dickste Brocken.

Aber auch zu Hause zeigte sich Brückmann in Spendierlaune. So steht in dem Schreiben, dass er bei einem Restaurantbesuch einem säumigen Kellner Sonderkonditionen bei der Stromrechnung eingeräumt hat. In der VIP-Loge der EWE im Bremer Weserstadion soll Brückmann für die großzügige Bewirtung von Unternehmern aus Süddeutschland gesorgt haben.

Vom engen Kontakt hat auch ein Duzfreund des Ex-Vorstandsvorsitzenden profitiert. Er durfte ein Werbefilmchen produzieren und kassierte dafür 250.000 Euro. Branchenkenner schätzen die Produktionskosten des Drei-Minuten-Clips auf maximal 15.000 Euro.

Die Briefeschreiber erwähnten auch eine Fahrerflucht: Brückmann, soll am Steuer einer Dienst-Limousine die Abgrenzung einer Autobahnbaustelle vor dem Elbtunnel gestreift haben und – statt den Schaden der Polizei zu melden – bis in die Tiefgarage der EWE weitergefahren sein.

Das alles lässt sich schlecht unterm Deckel halten. Der Aufsichtsrat schaltete externe Wirtschaftsprüfer ein. Nach deren Expertise beschloss das Kon­trollgremium im Februar die Abberufung Brückmanns.

Aber auch zwei Top-Kandidaten, die bereits für vakante Vorstandsposten gesetzt waren, geraten nun unter Verdacht: Torsten Maus, Vorsitzender Geschäftsführer der EWE Netz GmbH, und Timo Poppe, ehemals Beauftragter für In­frastruktur bei der EWE, mittlerweile im Vorstand der EWE Tochter SWB in Bremen.

Das Handelsblatt und die Welt, die bislang mäßiges Interesse am kleinen Oldenburger Energieversorger zeigten, berichten plötzlich ausführlich über Korruptionsvorwürfe im Geschäftsbereich der beiden designierten Vorstandsmitglieder. Es geht um Thailandreisen und gesponserte private Jubiläen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, allerdings treffen die Vorwürfe die beiden nicht persönlich. Doch die Briefeschreiber legen nach und so werden schnell weitere Verdächtigungen zusammengerührt, die vor allem SWB-Mann Poppe belasten.

Am Donnerstag, pünktlich zur Bilanzpressekonferenz, berichtet das Handelsblatt außerdem von einer Reise Poppes in den Skiurlaub, bei der er sich von einem Vorstandsfahrer habe fahren lassen – gegen cash. Die Welt berichtete einen Tag zuvor. Gleichzeitig zeichnen beide Zeitungen das Bild von Brückmann als Erneuerer, von einem der aufräumen wollte, im provinziellen Selbstbedienungsladen EWE und dafür büßen musste.

Das liest sich, als ob jemand den beiden Nachfolgekandidaten noch schnell in die Suppe spucken will. Insider berichten, dass Brückmann schon in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender den Karrieresprung der beiden gern verhindert hätte.

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