■ Man gönnt sich ja sonst nichts:: Schlemmen für die Welt
Düsseldorf (taz) – Die Straßenkinder in Guatemala, Somalia und Ex-Jugoslawien haben mal wieder eine Schlacht gewonnen. Sie fand letztes Wochenende im noblen Neusser Swissotel statt. Stellvertretend für die besagten, leider unabkömmlichen Kleinen wurde sie geschlagen von 1.200 MillionärInnen und solchen, die es bald werden wollen. Gern zahlten sie den stolzen Eintrittspreis und warfen ihre Schecks und Scheine in den Sektkübel, um einen der verlockenden Tombolagewinne zu ergattern: von der Zobelstola à 20.000 Mark über einen frisch gepinselten Immendorff bis zur Limousine mit dem Stern.
Eine knappe Million fiel von dem Schlemmertisch ab für die hungernde Welt. Das ist zwar weniger als beim letzten Ma(h)l, doch ziemt es sich nicht zu mäkeln. Die Zeiten sind schließlich auch für die Reichen härter geworden. Außerdem kostet so eine Benefiz-Gala eine Stange Geld. Ohne aufwendige Saaldekoration geht es nun mal nicht, was würde allein die Schirmherrin des Abends, Prinzessin Firyal aus Jordanien, dazu sagen. Und wenn ein Star wie Barry Manilow („Mandy, oh Mandy“) auch auf seine Auftrittsgage verzichtete: Die Verfrachtung seiner 36 Schrankkoffer samt mitreisendem Schneider, seines Showorchesters inklusive Equipment hin und zurück übern großen Teich ist kein Pappenstil.
Doch alle anfallenden Kosten strecken die Organisatoren der alljährlichen bacchantischen Wohltäterei, der Chef der Düsseldorfer Investor- und Treuhandgesellschaft mbH Mario Ohoven und seine nimmermüde Frontfrau Ute-Henriette, ihres Zeichens auch Unesco- Botschafterin, Konsulin von Senegal und leidenschaftliche Trägerin sündhaft teurer Abendkleider, gerne vor. Denn eine lohnendere Vorfeldarbeit und Kundenpflege fürs Finanzdienstleistungsgeschäft gibt es doch gar nicht. Wer hat noch nicht, wer will noch mal, und wie wär's mit einem Jordanien-Deal, wo gerade die Hussein-Schwägerin unter uns weilt?
Und wenn Ohoven infolge fieser Negativberichterstattung in einem Business-Infodienst (man traf sich neulich vor Gericht) eine Umsatzeinbuße von 60 Millionen zu beklagen hatte, das heißt aber auch: wegstecken konnte, um wieviel mögen da umgekehrt seine Umsätze hochschnellen bei all der Hofberichterstattung über seine rauschenden Benefiz-Orgien? Laut US-Today rangieren sie bereits unter den Top- Ten, noch vor der Oscar-Verleihung in Hollywood.
Mario Ohoven ist die Verkaufskanone in Person. „Die Kunst des Power-Selling“ ist nicht nur absolut sein Ding, sondern auch der Titel eines Ratgebers, der aus seiner Goldfeder stammt und als Hit der Managerliteratur selbst ein Exempel geglückter „Erfolgsstrategie für perfektes Verkaufen“ (Untertitel) darstellt. Darin verrät er, wie man's macht: „Der Power-Seller inszeniert seinen Auftritt.“ Er schafft Gelegenheiten, „zwanglos ins Gespräch zu kommen“. Das kann getrost von Gott und der Welt handeln, denn: „Wie viele Abschlüsse sind nur zustande gekommen, weil vorher intensiv über fernöstliche Religionen oder die Vorzüge gewisser Weine und Champagnermarken angeregt diskutiert wurde!“ Oder eben über die Straßenkinder von Guatemala auf ihren Müllhalden. Ja, der Power-Seller, so tugendsam und mildtätig er sich auch gibt, ist gleichzeitig auch ein überaus schlauer Fuchs: Er dreht es immer so, daß er die Gans nie zu stehlen braucht. Die Gans kommt stets freiwillig mit! – Das sagen nicht wir, das schreibt Super- Mario auf der Seite 65.
Und wenn er nicht gestorben ist, plant er bereits die nächste Gänseleberpasteten-Benefizgala. Vielleicht mit Imelda Marcos als Schirmherrin. Olaf Cless
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