Malteser-Blog aus Pakistan: "Kinder spielen im brackigen Wasser"
Der Hilfsdienst Malteser ist seit dem Erdbeben 2005 in Pakistan. Einer ihrer Mitarbeiter beschreibt die Arbeit der Organisation in seinem Blog. Das Wasser ist verschmutzt und macht krank.
"Wir haben viel zu wenige Hubschrauber, um die Bevölkerung zu erreichen", sagt der Koordinator der UN-Organisation Ocha im Projektbüro der Malteser in Islamabad zu Alexander Bühler, der seit Sonntag vor Ort ist und in einem Blog über seine Eindrücke schreibt. Die Malteser sind im Norden, im Swat-Tal, aktiv. "Zerstörte Brücken, riesige Felsbrocken, die der Fluss mit sich geschleppt hat, Erdmassen und eingestürzte Häuser". Bühler beschreibt das Chaos.
Die Malteser sind seit dem Erdbeben 2005 in Pakistan aktiv, 2009 haben sie ihre Arbeit noch einmal verstärkt. Drei Mitarbeiter haben sie nach Pakistan geschickt, und noch mal 30 pakistanische Mitarbeiter von lokalen NGOs sind in der Nothilfe für die Opfer der Flutkatastrophe für die Malteser im Einsatz. "Wir wollen die Zahl der heimischen Mitarbeiter jetzt auf 50 aufstocken", sagt Claudia Kaminski, Sprecherin der Hilfsorganisation.
Am ersten Tag nach seiner Ankunft fährt Bühler zu einem Flüchtlingslager in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa. "Kinder verscheuchen die Gluthitze, indem sie in einem Tümpel mit brackigem Wasser spielen. An die Krankheiten, die hier lauern, denken sie nicht, trotz der Aufklärung, die ein Ärzteteam hier zu leisten versucht."
In drei Lagern werden 37.000 Menschen von einer NGO versorgt, das Essen kommt von reichen Leuten aus der Umgebung. Die Lage ist katastrophal. "Für viele kam die Flut so überraschend, dass sie nur das retten konnten, was sie am Leib trugen, sie sind völlig mittellos", schreibt Bühler.
Am Mittwoch fährt Bühler in eine Gesundheitsstation im Swat-Tal. "Ein Arzt für Männer und Kinder, eine Hebamme für Frauen, Krankenpfleger, ein Gesundheits- und Hygieneberater. Und vor allem: ein Apotheker. Sogar dann, als das Gebiet von den Taliban besetzt war, hat er weiterhin Medikamente ausgegeben", schreibt Bühler.
Es herrscht Angst vor AWD (Acute Watery Diarrhea), ein Durchfall, bei dem die Gefahr des körperlichen Austrocknens besteht. "Bei solchen starken Regenfällen wie während der Flut werden die menschlichen Exkremente in die Erde reingedrückt, laufen ins Trinkwasser und verschmutzen es", erklärt der Arzt Bühler. Die Malteser verteilen Wasseraufbereitungstabletten. Ein Mensch mit AWD im Swat-Tal ist bereits wieder geheilt.
Mit pakistanischen Behörden arbeiten die Malteser nicht zusammen. Aber es gibt natürlich immer wieder Berührungspunkte. "Das fängt bei Zugangsgenehmigungen für das Swat-Tal an", erläutert Kaminski.
Auch Bühler beschreibt, wie er bei seinen Fahrten immer wieder kontrolliert wird: "Wegen der Taliban durchsuchen Polizisten das Auto", schreibt er. Die Arbeit der Hilfsorganisation werde aber nicht behindert. Die Malteser gehören zum Bündnis "Aktion Deutschland Hilft". Bis zum Wochenende haben wir 600.000 Euro an Spenden bekommen, jetzt sind es 2,5 Millionen. "Dafür sind wir sehr dankbar", sagt Kaminski. Weil die Malteser schon länger im Land sind, haben sie schnell Gelder beim Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) beantragt.
"Aber wir müssen natürlich ein gewisses Eigenkapital mitbringen. Wir können quasi jeden Spendeneuro verfünffachen", sagt sie. Für die kommenden Monate wird das auch nötig sein, zu viele Menschen werden von den Hilfsorganisationen noch gar nicht erreicht.
Wie bei allen großen Nothilfeaktionen koordinieren auch in Pakistan die Vereinten Nationen die Hilfsarbeiten vor Ort. In sogenannten Clustern werden die verschiedenen Nothilfemaßnahmen unterteilt und an die Organisationen übergeben.
Drei bis vier Monate, schätzen die Hilfsorganisationen, wird die akute Nothilfe dauern, danach erst beginnt der Wiederaufbau des Landes.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Vorschläge für bessere Schulen
Mehr Führerschein wagen