: Mal was anderes: Flüchtlinge sollen bleiben
■ Harburger Containerdorf soll weg / Bewohner und Nachbarn wehren sich
Die Zeiten, sie ändern sich: Noch vor einem Jahr protestierten Harburger Bürger gegen den Bau eines Containerdorfes für Flüchtlinge in ihrer Nachbarschaft – und jetzt wehren sie sich gegen dessen Abbau. Schon heute sollen 50 der 100 Asylsuchenden ihre Unterkunft in der Denikestraße räumen. Doch sie weigern sich kollektiv, sie zu verlassen. Pastor Reimann aus der benachbarten Luther-Kirchengemeinde unterstützt das Anliegen der Flüchtlinge: „Wir haben gute menschliche Kontakte aufgebaut. Uns erschüttert, daß diese jetzt so abrupt beendet werden sollen.“
Die Einrichtung in der Denikestraße ist eine der wenigen, die mitten im Wohngebiet liegt und bei der, laut Reimann, die soziale Integration gut geglückt ist. „Es gibt keine zwingende Notwendigkeit, das Dorf so zügig abzubauen“, meint der Pastor.
Doch über diese Frage gibt es geteilte Ansichten. Auf dem Gelände soll 1994 eine psychiatrische Klinik für das AK Harburg gebaut werden. „Nach unseren Informationen soll im Februar Baubeginn sein“, so Christina Baumeister, Sprecherin der Sozialbehörde. Da man zwei Monate Vorlauf zur Herrichtung der Fläche benötige, müßten die Flüchtlinge bis zum 26. November auf andere Containerdörfer verteilt werden.
Doch all diese Unterkünfte sind nach Ansicht der Flüchtlinge sehr viel schlechter als ihre bisherigen. Bei ihrem Einzug habe man ihnen aber zugesagt, daß sie in eine bessere Unterkunft verlegt würden. Die Gruppe würde gerne geschlossen in das nahegelegene Pavillondorf Ascheland einziehen, das Ende Januar fertiggestellt sein wird. So könnten sie nicht nur die neuen Freundschaften aufrechterhalten, sondern auch weiter ihren Beschäftigungen in Harburg nachgehen.
Doch nach Auskunft der Sozialbehörde wird es dazu nicht kommen: „Wir müssen in Hamburg 20.000 Menschen unterbringen, da können wir solche Einzelwünsche einfach nicht berücksichtigen“, wehrt Christina Baumeister ab. Sie räumt ein, daß die neuen Containerdörfer wieder nur Übergangslösungen für die Flüchtlinge sein werden. Denn auch diese werden im kommenden Jahr abgebaut werden – und die Asylsuchenden werden dann erneut umziehen müssen.
„Da kann man doch nicht so mit der Brechstange rangehen, das geht doch gegen die Menschenwürde“, protestiert Pastor Reimann gegen diese Pläne. Für die Eile gibt es nach seinen Informationen gar keinen Grund. Der technische Leiter des AK Harburgs habe ihm mitgeteilt, daß mit dem Neubau frühestens im Sommer des kommenden Jahres begonnen werde. Zeit genug, um die Fertigstellung des Pavillondorfes Ascheland abzuwarten. Zur Unterstützung der Flüchtlinge werden sich die Anwohner in den nächsten Tagen am Containerdorf aufhalten.
SannahKoch
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