Makakenversuche in Bremen erlaubt: Affen vorerst ohne Rechtsschutz
Verwaltungsgericht erlaubt Bremer Neurobiologen Andreas Kreiter vorläufig weiterhin Hirnversuche an Makaken durchzuführen. Behörde kündigt an, auf Rechtsmittel zu verzichten.
BREMEN taz Bedauern beim Deutschen Tierschutzbund, verhaltene Freude an der Bremer Uni: Mit einem Beschluss des Bremer Verwaltungsgerichts ist am Freitag das Vorspiel zum großen Rechtsstreit um die Hirnforschung an Makaken zu Ende gegangen. Sein Tenor: Der Neurobiologe Andreas Kreiter darf weiterhin mit Affen forschen. Vorerst, so die Einschränkung, und zwar "längstens bis zwei Monate nach Zustellung des Widerspruchsbescheids", der noch zu erlassen ist.
Ursprünglich hatten Hochschule und Wissenschaftler eine vorläufige Genehmigung bis zur endgültigen juristischen Klärung beantragt. "Insofern", so ein Uni-Sprecher, "ist es nicht ganz, was wir zuerst erwartet hatten", aber immerhin doch "ein Etappensieg". Man freue sich, "dass Professor Kreiter jetzt weiterarbeiten kann".
Es sei "bedauerlich, dass das Leid der Affen nun doch noch kein Ende hat", kommentierte dagegen der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel, die Entscheidung. Apel, der in Bremen lebt, gilt als Motor der Kritik an den Affenversuchen. "Im Hauptsacheverfahren", gibt er sich zuversichtlich, "haben wir die besseren Argumente."
Kreiters Forschungen sind in Bremen umstritten: Er untersucht dort seit zehn Jahren die Aktivitäts-Muster von Hirnzellen bei bewusster visueller Wahrnehmung. Dafür werden Elektroden ins Hirn der Rhesus-Äffchen gesenkt, die erlauben, elektrische Impulse einzelner Neuronen aufzuzeichnen. Um die zu stimulieren, müssen die Affen Bildschirm-Animationen beobachten, auf die sie per Knopfdruck gleichsam antworten sollen. Für den Knopfdruck zum richtigen Zeitpunkt gibt es Belohnung in Form eines Schlucks Apfelsaft.
Die Gesundheitsbehörde hatte die Versuche seit 1997 im gesetzlich vorgegebenen Dreijahres-Rhythmus genehmigt, im November allerdings keine neue Erlaubnis mehr erteilt: Kreiter habe versäumt, ihre ethische Vertretbarkeit wissenschaftlich plausibel darzulegen. Zudem würden die Versuche in der Öffentlichkeit als ethisch nicht vertretbar wahrgenommen.
Die Gesundheitsbehörde kündigte jetzt an, die einstweilige Anordnung zu akzeptieren. "Wir werden keine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einreichen", so Ressort-Sprecherin Petra Kodré, "sondern uns auf den Widerspruchsbescheid konzentrieren." Für den haben die Bremer Richter ungewöhnliche Auflagen gemacht: Behörde und dem Forscher geben sie auf, die "konkrete Belastungssituation der Tiere" und den "zu erwartenden Nutzen" der Forschung zu bestimmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg und Frieden in der Ukraine
Was vom Pazifismus übrig bleibt
Sozialabgaben auf Kapitalerträge
Keine Zahlen sind auch keine Lösung
Wendung im Fall Gelbhaar/Grüne
Multiples Organversagen
Trumps Amtseinführung
Der Geruch von Machtergreifung
Aufstieg rechter Unternehmer
Galionsfigur des Tech-Faschismus
Verteidigungsausgaben im Wahlkampf
Parteien im Überbietungswettkampf